Die niederländische Regierung will den Drogentourismus eindämmen - und darf dazu Coffeeshops verbieten

Venlo/Maastricht. Ein paar sind dann doch gekommen. Haben sich nicht abschrecken lassen von den Meldungen, dass der Zoll und die Polizei vermehrt auf Streife gehen würden dieser Tage. Sie sind älter geworden und inzwischen kommen sie auch mit dem Auto statt mit der Bahn nach Holland, fahren über die Autobahn, parken auf dem Parkplatz der Coffeeshops. Früher gingen sie zu Fuß über die grüne Grenze, fuhren mit der Bahn bis Kaldenkirchen und liefen dann ein paar Kilometer, auf dem "Drogenpfad". So nennt man diesen Weg immer noch.

Wie sich das anhört! Wie irgendein Geheimweg in Südostasien, als begebe man sich auf unsicheres Terrain, als lauerten auf dem "Tegelse Weg" nicht kalkulierbare Gefahren für Leib und Leben. Und doch: Irgendwie war das ja auch so. Oft musste man rennen, und manchmal, wenn man schon dachte, dass die Gefahr vorüber ist, wenn man schon sicher wieder im Regionalexpress ins Ruhrgebiet saß, kam doch noch die Polizei. Sie erzählen sich die Geschichten von früher. So vieles hat sich geändert. Aber trotzdem: Da ist noch dieses Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, ein Gefühl von Abenteuer und Freiheit, das sich durch die Droge natürlich noch verschärft. Doch am 1. Mai ist Schluss. Dann darf in den holländischen Provinzen Zeeland, Nord-Brabant und Limburg Cannabis nur noch an Bürger verkauft werden, die in den Niederlanden gemeldet sind. Es ist das Ende einer Ära, meinen viele der Deutschen, die noch einmal nach Venlo gekommen sind, um zu kiffen. Für die meisten Niederländer in den Grenzstädten bedeutet das hingegen schlicht gar nichts.

Begründet wird die Maßnahme mit den vielen Drogentouristen, den Beschwerden von Anwohnern und dem Eindämmen organisierter Kriminalität, an den Hintertüren der Coffeeshops. Doch vor allem ist sie Ausdruck der schrittweisen Korrektur niederländischer Drogenpolitik. Die Niederlande wollen das Image als Königreich der Kiffer loswerden. Zumal der Besitz, Handel und Konsum auch weicher Drogen hier schon immer illegal war und lediglich geduldet wurde.

Das System der landesweit rund 650 Coffeeshops gründet sich auf eine Reform des Opiumgesetzes aus dem Jahr 1976. Damals riet eine Kommission der Regierung, sogenannte weiche Drogen unter bestimmten Auflagen zu tolerieren, um die Polizei zu entlasten und die Konsumenten zu entkriminalisieren. Jeder Gemeinde blieb es selbst überlassen, ob sie Coffeeshops genehmigte, sodass in den konservativ geprägten Landesteilen auch heute noch kein Coffeeshop zu finden ist.

Das Roots in Venlo ist der größte Coffeshop der Stadt an der deutschen Grenze. Am Freitag herrschte hier Hochbetrieb, vor allem Deutsche kauften Cannabis-Produkte. Das ist nun vorbei. Durch die neue Regelung ist der Laden gezwungen, zum 1. Mai zu schließen. "Durch das neue Gesetz entfällt unsere Geschäftsgrundlage", schreiben die Betreiber an ihre Kunden und bedanken sich für die jahrelange Treue. Auch Venlo wird dann keine Coffeeshops mehr haben, doch trotzdem wird man weiterhin Drogen kaufen können.

Schon jetzt stehen die Dealer wieder in der Innenstadt. Am Ufer der Maas sind die Reviere schon klar abgesteckt, "willst du was kaufen", fragen die jungen Männer, und geben so den Kritikern der neuen Regelung recht, die prophezeien, dass man mit der Schließung von Coffeeshops das Problem lediglich auf die Straße verlagere.

Amsterdam ist bisher noch nicht betroffen von der Neuregelung. Doch auch in der Stadt mit den meisten Coffeeshops in den Niederlanden, soll vom kommenden Jahr an kein Haschisch mehr an Ausländer verkauft werden. Der "Wiet-Pass", der Pass, mit dem in den Niederlanden lebende Personen die Berechtigung erwerben, Cannabis-Produkte zu kaufen, soll ab dem 1. Januar 2013 für ganz Holland gelten.