Auch deutsche Touristen flüchten aus Angst vor Tsunami. Frühwarnsystem funktioniert

Banda Aceh. Das Beben ist gewaltig, alle sind von Panik erfasst: Als gestern um 15.38 Uhr Ortszeit in der indonesischen Provinzhauptstadt Banda Aceh die Hauswände schwankten und Mobiliar umstürzte, gab es für die Menschen nur eines: Raus auf die Straßen und nichts wie weg. Zu Fuß, auf Mopeds, mit Autos und Kleinlastern flohen die Bewohner der Insel Sumatra von der Küste. Der Strom fiel aus, Sirenengeheul forderte die Menschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Staus bildeten sich auf den Küstenstraßen. Hauptsache aufwärts war die Devise, auf Anhöhen, in die Berge. Viele suchten auch Zuflucht in Moscheen.

Erinnerungen an das verheerende Beben und den Tsunami von Weihnachten 2004 werden wach. Damals überrollten meterhohe Riesenwellen den gesamten Küstenstreifen und rissen fast alles Leben mit sich. 170 000 Menschen kamen allein auf Sumatra ums Leben. Insgesamt starben 230 000 Menschen in 13 Ländern.

Das Beben mit einer Stärke von 8,6 ereignete sich 500 Kilometer südwestlich von Banda Aceh an der Nordwestspitze der indonesischen Insel Sumatra in einer Tiefe von 33 Kilometern. Mehrere sehr starke Nachbeben - mindestens zwei stärker als 8,0 - erschütterten die Region und versetzten innerhalb weniger Stunden Millionen Menschen rund um den Indischen Ozean in Angst und Schrecken. Das pazifische Warnzentrum und das zuständige indonesische Institut warnten schon vier Minuten später vor einem Tsunami. Das Frühwarnsystem, das unter Federführung des Deutschen Geoforschungszentrums entwickelt wurde, habe "optimal funktioniert", sagte Seismologe Winfried Hanka in Potsdam.

Die Erdstöße waren auch in Singapur, bis in Thailands Hauptstadt Bangkok, im Süden Indiens, in Bangladesch und in Sri Lanka zu spüren. In sechs thailändischen Provinzen wurden die Einwohner der Küstenregionen aufgefordert, sich in höher gelegene Orte zurückzuziehen. Der internationale Flughafen von Phuket wurde geschlossen. Reisende auf der Urlaubsinsel wurden in Alarmbereitschaft versetzt: "Gäste aus teuren Hotels wurden auf Hügel gebracht, und die Einwohner fuhren in Autos und auf Mopeds weg. Jeder schien ruhig, die Warnung erfolgte frühzeitig", sagte Augenzeuge Apichai Thonoy.

Am Nachmittag können Bewohner und Touristen wieder aufatmen. Die Tsunami-Warnung wurde aufgehoben. Indonesiens Katastrophenschutzbehörde erklärte, das Erdbeben habe lediglich kleine Tsunamis ausgelöst. Die Wellen waren nur 80 Zentimeter hoch, berichtete die Tageszeitung "Jakarta Post". Berichte über Opfer und Schäden lagen zunächst nicht vor, sagte Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister David Cameron.

Bei diesem schweren Beben hat es sich um eine sogenannte Blattverschiebung gehandelt. Dabei verschieben sich die Platten horizontal und nicht vertikal. Somit wird weniger Wasser verdrängt, und das Risiko eines Tsunamis ist geringer.