Einmalig in NRW: Die Stadt Dortmund wird komplett zum Sperrgebiet. Aber erst nach den Meisterfeiern der heimischen Borussia.

Dortmund. In Dortmund wird der Straßenstrich abgeschafft. Die Bezirksregierung Arnsberg hat der Ruhrgebietskommune am Donnerstag erlaubt, das gesamte Stadtgebiet zum Sperrgebiet zu erklären. Damit darf keine Prosituierte mehr auf der Straße ihre Dienste anbieten. Auch Freier können belangt werden.

Die Verordnung tritt einen Tag nach den Meisterfeiern von Borussia Dortmund (15.5.) in Kraft. Dann werden die sogenannten Verrichtungsboxen abgebaut, in denen die Frauen mit ihren Kunden die Geschäfte im Auto vollziehen konnten, kündigte die Stadt an. Dutzende Polizisten in Uniform und in zivil sowie Stadtbedienstete und zwei bulgarische Beamte sollen für die Einhaltung der Verordnung rund um die Uhr sorgen.

Der Strich war zuletzt auf eine Nordstadt-Straße beschränkt, strahlte aber in umliegende Stadtgebiete aus – ein Anstieg der Kriminalität war die Folge. Den Ausstieg aus der Straßenprostitution hatte der Rat der Stadt gefordert. Anderen Großstädten droht jetzt ein Zustrom aus Dortmund. In der Revierstadt selbst könnte dagegen die illegale Straßenprostitution um sich greifen.

Als Grund für die Ausweitung des Sperrbezirks nennt die Kommunalaufsicht die nicht mehr hinzunehmenden Zustände in der Nordstadt. „Der Jugendschutz und der öffentliche Anstand sind nicht mehr zu gewährleisten“, sagte Regierungspräsident Gerd Bollermann in Dortmund. In keiner anderen Stadt liege die Straßenprostitution so nah an Wohngebieten. Es gebe auch keinen besseren Platz.

Seit der EU-Osterweiterung ist die Zahl der Prostituierten seit 2007 von 60 auf 700 gestiegen. Mehr als 80 Prozent sind Bulgarinnen. Sie sind häufig mit ganzen Familienclans aus einem Armenvorort von Plovdiv nach Dortmund gekommen. Die Stadtspitze will den Plovdivern nun klarmachen, dass es in Dortmund nichts mehr zu verdienen gibt.

Der Strich ist seit dem Zustrom aus Bulgarien nicht mehr auf die dafür vorgesehene Ravensberger Straße beschränkt, sondern franse in Wohn- und Geschäftsgebiete aus, sagte Bollermann. Prostituierte liefen von ihren Wohnungen in der Nordstadt aus in Arbeitskleidung zu ihrem Arbeitsplatz, durch Gebiete mit hohem Jugendanteil. „Nirgendwo sonst finden diese Frauen in unmittelbarer Nachbarschaft sowohl Arbeitsplatz als auch Wohnraum“, sagte Bollermann.

Der Regierungspräsident empfiehlt der Stadt dringend, nach der Abschaffung des Strichs sich weitergehenden Problemen der Nordstadt zu widmen. Unter anderem gehe es um die Durchsetzung der Schulpflicht, die Schließung von Problemhäusern, konsequentes Vorgehen gegen Glücksspiel und Schwarzarbeit, Jugendschutzkontrollen oder Hygienemaßnahmen. Oberbürgermeister Jürgen Sierau (SPD) kündigte Maßnahmen an.

Eine Verlagerung des Straßenstrichs mit den einhergehenden Problemen auf Nachbarkommunen sieht Bollermann nicht. Da gebe es kein geeignetes Umfeld, zumindest nicht in den ländlichen Gebieten. Prostituierte hatten aber schon betont, in andere NRW-Großstädte wie Köln oder Essen abzuwandern. Die Stadt will sich aber regelmäßig mit den Beteiligten zusammensetzen, um Folgen zu besprechen. Die Beratungsstelle Kober des Sozialdiendtes Katholischer Frauen befürchtet, dass die Frauen in die Illegalität abwandern.

Sperrbezirk bedeutet, dass in diesem Bereich keine Straßenprostitution gestattet ist. Wiederholte Verstöße können Strafverfahren nach sich ziehen.