Die Aufsichtsbehörden haben die Wiederaufnahme der Produktion abgelehnt. Nun rennt dem Insolvenzverwalter die Zeit davon.

Neufahrn. Dramatische Entwicklung bei Müller-Brot: Die Aufsichtsbehörden lehnten die Wiederaufnahme der Produktion nach einem Rundgang ihrer Kontrolleure durch die Brotfabrik in Neufahrn am Freitag überraschend ab. "Mit diesem Ergebnis haben wir nicht gerechnet“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Hubert Ampferl und erklärte, die Kassen seien praktisch leer: "Wir verfügen über nahezu keinerlei Liquidität mehr.“

Die Backfabrik in dem Münchner Vorort war am 30. Januar wegen Maden im Mehl und ähnlicher massiver, jahrelanger Hygienemängel vorerst stillgelegt worden. Am Donnerstag hatten die Eigentümer Insolvenz angemeldet. Der vorläufige Insolvenzverwalter hatte aber gehofft, dass die Fabrik nach zweiwöchigen Reinigungsarbeiten ab Samstag wieder Brot, Semmeln und Brezen backen kann und wieder Geld in die Kasse kommt.

+++ Mäusekot und Speisereste: Müller-Brot seit langem im Visier +++

Aber "die Hygienesituation ist nicht so, dass die Genehmigung hätte erteilt werden können“, sagte Professor Thomas Becker von der Technischen Universität München, den Müller-Brot jetzt als Hygieneberater engagiert hat. Es gehe nicht nur um Ungeziefer, auch die Maschinen seien in einem Zustand, dass man nicht damit arbeiten könne. Obwohl die Beschäftigten mit vier externen Reinigungsfirmen und Spezialisten tagelang alles zerlegt und geputzt hatten, gebe es einen "hohen Befall“, sagte Becker. Ein Termin für eine weitere Inspektion sei nicht absehbar.

Dabei wäre es "außerordentlich wichtig gewesen, durch eigene Wertschöpfung den Betrieb am Laufen zu halten“, sagte Insolvenzverwalter Ampferl. "Die Chancen haben sich heute nicht verbessert.“ Ein Kaufinteressent habe sich zwar am Donnerstag schon bei ihm gemeldet, aber da sei man noch davon ausgegangen, dass die Produktion jetzt wieder neu starten würde. "Der Reputationsverlust ist unbeschreiblich groß“. Zunächst müsse er jetzt versuchen, bei den Gläubigern Geld für eine weitere Reinigung aufzutreiben. Einige Reinigungsfirmen seien bereits abgesprungen, weil sie befürchteten, nicht mehr bezahlt zu werden.

+++ Hygienemängel bei Müller-Brot +++

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte die Eigentümer auf, für die ausstehenden Löhne und Gehälter der rund 1100 Beschäftigten geradezustehen. "Wenn sie es ernst nehmen, was sie gesagt haben – nämlich dass sie Verantwortung übernehmen wollen -, dann sollen sie es jetzt zeigen“, sagte Mustafa Öz der Nachrichtenagentur dpa. "Da hängen Familien dran.“ Die Millionäre Klaus Ostendorf und Michael Philipps hätten es in der Hand, das Auskommen der Mitarbeiter zu sichern. Bei den Hygieneproblemen nahm Öz die Belegschaft in Schutz. "Ich war da selbst öfter drin, die Mäuse haben da nicht auf dem Förderband getanzt.“

Der DGB warf den Eigentümern Verantwortungslosigkeit vor. "Aus purer Profitgier hat Müller-Brot die Hygiene im Betrieb vernachlässigt, die Beschäftigten unter Druck gesetzt und ihre Arbeit verdichtet“, sagte Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern. "Es ist unerträglich, dass für dieses unfassbare Management-Versagen jetzt allein die Beschäftigten büßen sollen.“

+++ Müller-Brot vor dem Aus: "Wir können nur noch hoffen" +++

Inzwischen haben sich möglicherweise Kaufinteressenten für die pleitegegangene Großbäckerei Müller-Brot gefunden. Er habe mit mehreren potenziellen Investoren am Freitag Kontakt aufgenommen, sagte der vorläufige Insolvenz-Verwalter Hubert Ampferl der "Süddeutschen Zeitung“ (Samstagausgabe). Einer sei an der Großbäckerei und dem Filialnetz interessiert.

Nach SZ-Informationen hatte sich der Insolvenz-Verwalter am Freitag auch mit mehreren Großbäckereien unterhalten. Diese sind offenbar an einem Teil der 240 Filialen interessiert. Etwa 80 von ihnen betreibt Müller-Brot noch selber, die anderen sind an Franchise-Nehmer verpachtet. (dpa/ dapd)