Die 16-jährige Laura Dekker aus den Niederlanden wird nach 27 000 Seemeilen auf der Karibikinsel Sint Maarten erwartet

Amsterdam. Das große Abenteuer ist zu Ende, doch Laura Dekker kann es kaum glauben. "Es ist ein merkwürdiges Gefühl", schrieb sie diese Woche an Bord der "Guppy", eines Bootes vom Typ Gin Fizz 37, in ihrem Weblog. "Seit meinem achten Lebensjahr habe ich davon geträumt, nun ist es Wirklichkeit geworden", ergänzte die 16-jährige Niederländerin, die nach mehr als 500 Tagen und 27 000 Seemeilen am heutigen Sonnabend auf Sint Maarten in der Karibik erwartet wird. Dort darf sie sich dann als der jüngste Mensch feiern lassen, der solo die Welt umsegelt hat.

"Es ist heute das letzte Mal, dass meine Tage in einem endlosen Tal von Wellen anfangen und enden", hielt Hollands "Zeilmeisje" (Segelmädchen) in seinem Internet-Tagebuch fast wehmütig fest. Es sei aber toll, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen sowie frische Lebensmittel genießen zu können - und die Familie wiederzusehen. Eltern, Großeltern und ihre Schwester wollen den Teenager auf Sint Maarten in die Arme schließen.

Am 4. August 2010 stach Laura auf ihrem Zweimaster in See

Lauras Abenteuer begann am 4. August 2010, als sie im niederländischen Brouwershaven auf ihrem 11,5 Meter langen Zweimaster "Guppy" in See stach, um einige Tage später von Gibraltar aus zu ihrem Welttörn zu starten. Das Ziel: den Rekord der Australierin Jessica Watson zu knacken. Diese hatte ihre Solo-Weltumseglung drei Tage vor ihrem 17. Geburtstag am 15. Mai 2010 in Sydney abgeschlossen. Dekker wird erst am 20. September dieses Jahres 17 Jahre alt. Allerdings hatte Watson nonstop in nur sieben Monaten die Erde umsegelt. Dekker gönnte sich Pausen.

Einen Rekordtitel "Jüngste Solo-Weltumseglerin" will zudem kein internationaler Verband offiziell anerkennen - weder für Laura noch für andere "Kindersegler". Die Sportfunktionäre wollen waghalsige Törns von immer jüngeren Rekordanwärtern nicht fördern. Sie reagierten damit auch auf den lebensgefährlichen Schiffbruch, den die seinerzeit 16-jährige Amerikanerin Abby Sunderland bei ihrem Versuch einer Alleinumseglung erlebte. Ihr Boot verlor im Juni 2010 bei einem Sturm den Mast und trieb im Indischen Ozean. Abby löste mit Alarmbojen, wie sie auch Laura an Bord hat, eine internationale Rettungsaktion aus. So bleibt für Laura nur das Guinnessbuch der Rekorde.

Ursprünglich wollte die Niederländerin ihre Reise in Gibraltar beenden. Doch die Gefahr war zu groß, im Indischen Ozean auf Piraten zu stoßen. Stattdessen segelte sie nonstop durch den Panamakanal in die Südsee. In Australien legte sie einen Etappenstopp ein, bevor es über den Indischen Ozean nach Südafrika ging. Danach überquerte sie zum zweiten Mal in 14 Monaten den Atlantik mit Kurs auf Sint Maarten. In dem Insel-Teilstaat, der zum Königreich der Niederlande gehört, hatte sie bereits im Januar 2011 einen Zwischenstopp eingelegt.

Um sich ihren Traum zu erfüllen, hat Laura nicht nur gegen Sturm und meterhohe Wellen ankämpfen müssen. Die Behörden ihres Landes waren wegen der großen Gefahren von Anfang an gegen den Törn. Ehe sie die Hoheitsgewässer der Niederlande verlassen durfte, musste sie einen Streit vor verschiedenen Gerichten überstehen. Zeitweise wurde sogar das Erziehungsrecht ihres Vaters Dick Dekker und der von ihm geschiedenen deutschen Mutter Babs Müller eingeschränkt und Laura unter Aufsicht des Jugendamtes gestellt.

Streit gab es auch ums Lernen. Laura hatte versprochen, an Bord Schulaufgaben zu machen. Aber sich darauf inmitten einer aufgetürmten See zu konzentrieren war schwierig. "Wenn ich einen ruhigen Segeltag habe und nachts nicht schlafe, dann schlage ich ein Buch auf", schrieb sie in ihrem Weblog. Darin ging sie auch mit den Behörden ihres Landes ins Gericht: "Sie haben mich nicht korrekt behandelt." Aus Wut darüber hatte sie kürzlich die niederländische Flagge auf ihrem Boot eingeholt. Die 16-Jährige überlegt zudem, nicht zurückzukehren. Außer der niederländischen hat das in Neuseeland geborene Mädchen auch die deutsche und die neuseeländische Staatsbürgerschaft.

Ein Dokumentationsfilm über Lauras Abenteuer ist in Arbeit

Lauras Abenteuer, die vermutlich sogar einen Jules Verne inspiriert hätten, sind natürlich nicht nur Stoff fürs Internet. Sie hat inzwischen ein Buch ("Mijn Verhaal"/Meine Geschichte) geschrieben, und der US-Regisseur Jillian Schlesinger arbeitet an einem Dokumentarfilm über das "Mädchen mit Meersalz im Blut".