Die Chance auf eine solche Geburt eineiiger Kinder steht eins zu 13 Millionen. Klinik spendiert den Eltern Windeln

Leipzig. Janett und Marcus Mehnert aus Leipzig haben bereits einen Sohn, 5, wünschten sich aber noch ein Kind. Jetzt bekommt Lucas gleich vier Schwestern, die sich auch noch gleichen wie ein Ei dem anderen: Am Freitagabend kamen die Vierlinge Laura, Sophie, Jasmin und Kim per Kaiserschnitt auf die Welt. Alle sind wohlauf und gesund. "Sie sind gut drauf und prima entwickelt", sagte Holger Stepan, der Leiter der Geburtsmedizin an der Universitätsklinik in Leipzig. "Die ersten Tage verliefen völlig unkompliziert."

Die Babys wurden natürlich gezeugt, was als Sensation gilt

Die mittelblonden Mädchen sähen tatsächlich absolut identisch aus, berichtete der Mediziner. Das Quartett ist dabei nicht nur eine Megaaufgabe für die neue Großfamilie, sondern auch in statistischer Hinsicht eine Sensation. Allein die Wahrscheinlichkeit, eineiige Vierlinge zu bekommen, beträgt eins zu 13 Millionen. Damit sind sie fast so selten wie sechs Richtige im Lotto. Dass die Babys aber auch noch auf natürlichem Wege gezeugt wurden und nicht per künstlicher Befruchtung entstanden sind, das ist extrem selten. "Das gibt es statistisch praktisch gar nicht", berichtete Stepan.

Vater Marcus Mehnert hatte erst vergangene Woche einen größeren Wagen angeschafft und die Kinderzimmer fertig eingerichtet. Einen Tag später kamen die Mädchen auf die Welt. "Sie wussten wohl, dass sie jetzt kommen können", lässt sich der 31 Jahre alte Papa zitieren, dem nach der Geburt die Tränen in den Augen standen. Ihr Zuhause, das unweit der Klinik liegt, werden die Mädchen allerdings erst in einigen Wochen kennenlernen. Sie leben derzeit noch im 36 bis 37 Grad warmen Inkubator, um erst mal ihr Idealgewicht für den Heimweg zu erreichen. Das kann noch bis Mitte März dauern.

Die Frühchen kamen in der 28. Schwangerschaftswoche auf die Welt und wogen nur zwischen 980 und 1100 Gramm. Sie seien abends zwischen 21.45 Uhr und 21.50 Uhr im Minutentakt aus dem Bauch der Mutter geholt, kurz den aufgeregten Eltern gezeigt und dann von einem Team von Experten, Schwestern und Hebammen versorgt worden, berichtete die Uniklinik. "Alle Mädchen atmen allein", sagte Stepan erleichtert. Sie würden dabei aber noch unterstützt und im Brutkasten über die Nabelvene künstlich mit einem Nahrungscocktail versorgt. Milch kommt erst später hinzu.

"Eines der Mädchen hatte ein kleines Problem, daher haben wir uns entschieden, die Babys zu holen", erläuterte Stepan. Über die gemeinsame Plazenta hatten sich die Blutkreisläufe der Säuglinge gekoppelt. Am Freitag habe es dann Hinweise gegeben, dass eine der Schwestern zu viel Blut erhalte. Das habe ihr Herz und den Kreislauf stark belastet. Auch die Mutter sei an die Grenze ihrer physischen Belastbarkeit gekommen. Bis dahin habe es aber keine Komplikationen gegeben, die Frau sei erst wenige Stunden vor der Geburt stationär aufgenommen worden.

Die Mutter verlor durch die Geburt zehn Kilogramm

"Dass eine solche Mehrlingsschwangerschaft mit einer gemeinsamen Plazenta bis zur 28. Woche völlig problemlos verläuft, gleicht einem Wunder", betonte Professor Renaldo Faber, der die 31 Jahre alte Mutter während der Schwangerschaft im Zentrum für Pränatale Medizin Leipzig betreut hatte. Bei eineiigen Vierlingen teilt sich die befruchtete Eizelle in den ersten Tagen in vier gleiche Teile, aus denen sich jeweils ein Mensch entwickelt.

Die junge Mutter war dank der Geburt um zehn Kilo erleichtert worden und gestern noch in der Klinik. Es gehe ihr aber "richtig gut", sagte Geburtsmediziner Stepan. Sie könne heute oder spätestens morgen nach Hause. In Zukunft werden die frisch verheirateten Eltern allerdings jede Menge Unterstützung brauchen. Die Mutter ist Friseurin, der Vater als Leiharbeiter im Leipziger BMW-Werk beschäftigt. Erste Hilfsangebote gibt es bereits. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) besuchte noch gestern die Eltern und übernahm die Patenschaft. "Ich wünsche der Familie ganz viel Kraft und gute Nerven", sagte Jung. Er stellte zunächst 500 Euro zur Verfügung und bot weitere Hilfen der Stadt an. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) übernimmt eine Ehrenpatenschaft. Die finanzielle Unterstützung beträgt maximal 3080 Euro und wird gestaffelt bis zum Schuleintritt der Kinder ausbezahlt. Dem Vernehmen nach sollen die Eltern auch einen Exklusivvertrag mit dem Sender RTL geschlossen haben, um die Ausgaben für die Kinder tragen zu können.

Auch die Universitätsklinik will sich an den Lebenshaltungskosten beteiligen. Sie will die Windeln für die vier Mädchen sponsern - "auch für die kommenden Jahre", kündigte Klinikvorstand Wolfgang Fleig an. Dazu gab es vier Schlafsäcke und vier Bodys. "Wir möchten unsere ersten Vierlinge seit über 30 Jahren auch nach der Zeit am Klinikum unterstützen." Stepan ergänzt: "Vierlinge auf die Welt zu holen ist für uns Geburtsmediziner ein einmaliges Erlebnis, das sich wohl nicht wiederholen wird."