Pünktlich zum Sommeranfang gehen die Temperaturen langsam nach oben. Die Insel Sylt schlägt München bei den Sonnenstunden.

Hamburg. Stellen Sie sich vor, es ist Sommer, und keiner hat's gemerkt. Seit gestern um 13.28 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) hat auch astronomisch die dritte und schönste Jahreszeit begonnen. In Hamburg hatten wir 18 Grad. Immerhin blitzte die Sonne zwischen weißen Wolken hindurch. Gefühlt war es Frühling, denn für die Jahreszeit ist es zu kühl.

Normalerweise sind Temperaturen zwischen 23 und 24 Grad in diesen Tagen üblich. 2000 hatten wir am Sommeranfang sogar eine Höchsttemperatur von 32,7 Grad. In diesem Jahr sind solche Werte irgendwie unvorstellbar.

Aber es gibt Hoffnung. Frank Böttcher vom Hamburger Institut für Wetter- und Klimakommunikation: "Das Wetter steht auf freundlich." Bis zum Sonnabend müssen wir zwar vereinzelt mit Schauern rechnen. Dafür klettert das Quecksilber auf Werte um 20 Grad. Einige mutige Meteorologen sehen für das Wochenende sogar Werte um 25 Grad voraus. "Tage mit 25 Grad empfinde ich schon als Sommer", meint Böttcher. Er sagt auch für die nächsten Wochen eine Tendenz nach oben voraus.

Der Frühling war geprägt durch polare Kaltluft-Vorstöße, die laut Böttcher für die Jahreszeit ungewöhnlich weit nach Süden vorgedrungen sind. Sie sind auch für die schweren Unwetter in Polen und Frankreich verantwortlich. Diese Kaltluftfronten, die uns auch das vergangene Wochenende mit Temperaturen um 14 Grad gründlich vermiest haben, werden gebremst. Das Azorenhoch wird stärker, seine Ausläufer treiben einen Keil in die Polarluft und stoppen sie. Es ist zwar noch möglich, dass immer mal wieder kühle Luft zu uns vordringt. Die Polar-Keile haben aber immer weniger Kraft.

"Wir bekommen nicht mehr die volle Breitseite", sagt Böttcher. Er macht auch Hoffnung für den Siebenschläfer am 27. Juni. Die Bauernregel lautet: "Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag." Dieses Wetter-Phänomen trifft für Norddeutschland immerhin zu 50 Prozent zu. Sie wird von den Meteorologen aber wegen Kalenderreformen in den vergangenen Jahrhunderten erst am 7./8. Juli erwartet. Auch hier macht Böttcher Mut: "Ich bin weiterhin ausgesprochen optimistisch, dass der Sommer von Mitte Juli bis Ende August schön wird." Und allen Skeptikern sagt der Wetterexperte: "Ich als Meteorologe gebe die Hoffnung auf einen schönen Sommer ohnehin erst am 23. September auf."

An dieser Stelle muss gesagt werden: Der Norden ist angenehmer als sein Ruf. Die Temperaturen in Hamburg und seinem Umland liegen durchaus im Bundesdurchschnitt. Wenn Touristen es womöglich anders empfinden, dann liegt es laut Böttcher an dem häufigen Wind, der den einen oder anderen frösteln lässt. Prägend für das Wetter der Region sei die frische Nordseebrise. Im Großraum Hamburg fällt aber weder mehr Regen als in anderen Teilen des Landes, noch leben wir hier in einem Schattenreich. "Die Region liegt bei den Klimawerten ziemlich in der Mitte."

Während Hamburg einen statistischen Mittelwert von 1585 Sonnenstunden im Jahr vorweisen kann - zugrunde liegen die Jahre von 1980 bis 2009 - scheint sie in Düsseldorf 1542 Stunden. In München sind es immerhin 1719 Stunden. Hier kann Sylt mit 1723 Stunden mithalten. Die Daten der Meteorologen zeigen auch: Tendenziell ist es im Norden wärmer geworden: In den vergangenen 30 Jahren sind die Winter in Bremen, Bremerhaven, Cuxhaven und Hamburg 0,8 Grad wärmer gewesen als im Vergleichszeitraum vor 1980. Nimmt man den Jahresanfang mal aus, heißt das: Wenn es überhaupt schneit, bleibt die weiße Pracht kürzer liegen. Auch Juli und August fallen mittlerweile um ein Grad wärmer aus als noch vor 40 Jahren - im Norden mehren sich die warmen Sommerabende.