Auch Binnengewässer erfüllen fast 100-prozentig die Mindeststandards. Besonders gute Noten erhielten Griechenland und Zypern

Brüssel. Die Badesaison kann kommen: Deutschlands Gewässer glänzen mit Rekordwerten bei Hygiene und Sauberkeit. Noch nie seit Beginn der Messungen für den jährlichen EU-Badegewässerbericht vor knapp 20 Jahren hat ein so hoher Anteil der deutschen Strände an Nord- und Ostsee sowie den Binnengewässern die Mindeststandards erfüllt: 99,5 Prozent der Küstenstrände und 98,4 Prozent der Flüsse und Seen hierzulande sind ausreichend sauber, um dort zu baden. Das ergab der gestern in Brüssel vorgestellte Bericht der Europäischen Kommission und der Europäischen Umweltagentur für 2009. Die Daten vom vergangenen Sommer böten einen zuverlässigen Trend für diesen Sommer, hieß es.

Ähnlich positiv fällt die gesamteuropäische Bilanz aus: In der EU ist die Wasserqualität seit 1990 enorm gestiegen, für Küstengebiete kletterte der Wert in diesem Zeitraum von 80 auf 95,6 Prozent und bei den Binnengewässern sogar von 52 auf 89,4 Prozent.

"In den vergangenen 30 Jahren hat die Gesetzgebung der EU sowie der einzelnen Mitgliedstaaten die Badegewässerqualität deutlich gesteigert", sagte EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. "Unsere Arbeit ist aber noch nicht getan, wir müssen das Erreichte sichern und für weitere Verbesserungen sorgen." Ein Problem seien nach wie vor Abwässer aus nahe gelegenen Häfen sowie die Vermüllung der Strände.

In den meisten Urlaubsländern können die Bürger bedenkenlos baden gehen

Sicher sind dem Bericht zufolge fast alle Badestellen an Meeresstränden. Lediglich für zwei Prozent der europäischen Küstengewässer sprachen die Behörden ein Schwimmverbot aus, die meisten davon in Italien. Gut schnitten dagegen der Nord- und Ostseeraum, die Schwarzmeerregion sowie der Atlantik ab. Besonders gute Noten erhielten Griechenland und Zypern. Dort erfüllten nahezu alle getesteten Badestellen die besonders anspruchsvollen EU-Leitwerte. Im Mittelmeerraum erfüllten knapp 95 Prozent der Küsten die Mindeststandards, an den europäischen Stränden entlang des Atlantiks waren es sogar 98 Prozent. Dennoch ging die Wasserqualität an den mehr als 20 000 getesteten Badegewässern Europas im Schnitt leicht zurück.

Die Proben wurden auf physikalische, chemische und mikrobiologische Verunreinigungen untersucht, darunter Fäkalbakterien, Mineralöl- und Reinigungsmittelrückstände sowie Säuren.

Mit einer Verschmutzung der natürlichen Art musste sich gestern die Kurverwaltung in Binz auf Rügen auseinandersetzen. Am Strand des Ostseebads fischte ein Bagger ein Gemisch aus Braunalgen und Seetang aus dem Wasser. "Bei Nordostwind sind diese Anlandungen normal", sagt Norbert Diener, stellvertretender Kurdirektor in Binz. "Diesmal war lediglich ein Streifen von etwa 150 Meter Strandlänge betroffen." Nichts im Vergleich zu den 1000 Tonnen, die im vergangenen Jahr nach einem Sturm angespült wurden. Die braune Brühe ist zwar nicht schön, für den Menschen aber ungefährlich. "Das ist Natur", sagt Diener. "Einige Ärzte empfehlen sogar, darin zu waten, weil der Jodanteil sehr hoch ist." Und auch die Bauern haben etwas vom Braunalgen-Seetang-Gemisch, denn das landet als Dünger auf den Feldern.

Braunalgen sind ein Indiz für ein gut funktionierendes Ökosystem

Ausgerechnet, denn die Überdüngung der Ostsee durch die Landwirtschaft verursacht wiederum das Sterben der Braunalgen, die "ein Anzeiger für ein gesundes Ökosystem" sind, sagt Jochen Lamp, Leiter des WWF-Ostseebüros in Stralsund. Durch den Dünger wuchern Feinalgen. Die kleinen schwebenden Algen setzen sich auf Braunalgen sowie Seetang und nehmen ihnen lebensnotwendiges Licht. Die abgestorbenen Pflanzen werden wiederum an die Strände gespült. Wenn sie sich zersetzen, beginnt es zu stinken. "Das ist der Schwefelwasserstoff", sagt der Experte. Eine Algenplage gibt es derzeit an Deutschlands Stränden nicht.