Täter sitzt wegen anderer Delikte in Haft. Es ist aber nicht der “schwarze Mann“, der wegen des Mordes an Dennis K. im Jahr 2001 gesucht wird.

Hamburg/Steinfurt/Rheine. Für die Eltern ist es ein Albtraum. Ein Maskierter entführt ihr Kind aus einer Jugendherberge. So geschah es im Juni vergangenen Jahres. Der zehnjährige Peter wird nachts aus der Hermann-Rosenstengel-Jugendherberge im münsterländischen Rheine (Nordrhein-Westfalen) verschleppt, aus einem Zimmer, das er sich mit vier anderen Kindern teilt. Die Eltern schlafen ganz in der Nähe in einem anderen Raum.

Der Täter dringt trotz verschlossener Haustür in das zweistöckige Backsteingebäude ein und trägt das schlafende Kind unbemerkt hinaus. Einbruchspuren können später nicht festgestellt werden. Im Stadtpark zwingt er den Jungen, seine Hose auszuziehen. Dann lässt er den Zehnjährigen wieder laufen.

Am Freitag, neun Monate später, konnte die Polizei anhand von DNA-Spuren an der Kleidung des Opfers einen Verdächtigen ermitteln. Unter Verdacht steht ein 29-Jähriger, der wegen Eigentums- und Drogendelikten bereits seit Oktober 2009 in Untersuchungshaft sitzt. Zu den Vorwürfen schweigt er bislang. "Wir sind überzeugt, dass er die Tat begangen hat", sagte Polizeiermittler Jürgen Poscher.

Das alles erinnert an den Fall Dennis K., der im Herbst 2001 aus einem Schullandheim in Niedersachsen entführt und getötet wurde. Ein anfangs vermuteter Zusammenhang zu dem noch ungeklärten Mord schließt die Polizei jedoch aus.

Die Soko "Dennis" ermittelt weiterhin in fünf Mordfällen, bei denen ein Serientäter seit 1992 Jungen aus Zeltlagern oder Herbergen entführt hatte. Der Täter, der in den Medien wegen seiner dunklen Kleidung häufig als "schwarzer Mann" bezeichnet wurde, soll sich an 36 weiteren Jungen vergangen haben. Die Kinder beschreiben ihn als breitschultrig, kräftig, fast zwei Meter groß. Er soll zwischen 30 und 50 Jahre alt sein.

Der Beschuldigte im münsterländischen Fall soll für einige Tatzeiten, an denen die Morde geschahen, ein Alibi besitzen. Der 29-Jährige sei zudem zu jung, so die Polizei. Der Mann aus Rheine war schon früh ins Visier der Ermittler geraten. Kurz nach der Entführung des aus dem Harz in Niedersachsen stammenden Jungen war er mehrfach vernommen worden. Die Polizei ließ ihn aber laufen, weil ihn die zunächst ausgewerteten DNA-Spuren noch nicht eindeutig belasteten. Erst ein weitergehendes Gutachten von Ende Januar überführte den Mann.

Er soll schon früher Kinder belästigt haben: 2001 lauerte er zwei Zehnjährigen in ihren Häusern auf, und 2009 überfiel er in Rheine einen schlafenden Jungen in seinem Zimmer. Damals war er nachts in das Kinderzimmer des ebenfalls zehnjährigen David R. eingedrungen und drohte: "Wenn du ruhig bist, passiert dir nichts." Als Davids Schwester aufwachte und schrie, flüchtete der Täter. Die Polizei sicherte damals keine Spuren, weil sie davon ausging, dass der Unbekannte ein Verehrer der 19 Jahre alten Schwester gewesen sei. Besucher der Herberge in Rheine waren da skeptischer. Ein Jahr vor der Entführung hatte sich der Täter dort als Hausmeister ausgegeben. Die aufmerksamen Besucher hatten ihn damals vertrieben.