Fahrzeug beschleunigte und ließ sich nicht bremsen. Werkstatt hatte zuvor Reparatur abgelehnt, weil das Modell nicht auf Rückrufliste stand.

Hamburg/Los Angeles. James Sikes (61) fuhr im Toyota Prius mit Tempo 151 auf der kalifornischen Interstate 8 nahe San Diego. Er wollte gerade überholen, als sein Gaspedal hüpfte und sich verklemmte. Sikes trat auf die Bremse - ohne Erfolg. "Das Auto hielt nicht an, es tat nichts, und es wurde immer schneller", sagte er später unter Schock. Er roch den Gestank der Bremsen, so fest trat er aufs Pedal. Sikes rief telefonisch um Hilfe und bald fuhr ein Streifenwagen neben ihm her.

Über Lautsprecher forderten die Polizisten den Toyota-Fahrer auf, das Bremspedal bis zum Anschlag durchzutreten und die Handbremse zu ziehen. Außerdem fuhren die Wagen eine Steigung hinauf. Langsam verringerte das Auto sein Tempo. Nachdem die Geschwindigkeit schließlich auf unter 80 km/h gedrosselt war, schaltete der Fahrer den Motor aus und ließ den Wagen ausrollen. Der Polizeiwagen wurde dabei vor den Prius gesetzt, um nötigenfalls als Prellbock zu fungieren.

Anders als ähnliche Vorfälle, die für die Fahrer tödlich endeten, verlief der Zwischenfall am Montag glimpflich. Sikes kam mit dem Schrecken davon. Der Amerikaner berichtete, dass er mit seinem Wagen vor zwei Wochen in der Werkstatt war, nachdem er schriftlich über die Toyota-Rückrufaktion informiert worden war. Die Werkstatt schickte ihn aber wieder heim. "Ich gab denen meinen Rückruf-Zettel. Die gaben ihn zurück und sagten, ich stehe nicht auf der Rückrufliste", sagte der Kalifornier. Toyota kündigte nun an, einen Techniker zu dem Mann zu schicken, um den Fall zu untersuchen.

Der Technikexperte des ADAC, Carsten Graf, sagte: "Es gibt keine akute Gefahr für Fahrzeuge, die in Deutschland offiziell verkauft wurden." Die klemmenden Gaspedale seien ein Problem für den US-Markt, aber für den deutschen Markt kein akutes Thema.

Die Situation ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen: Was kann der Fahrer tun, wenn das Gaspedal klemmt? "Sofort das Auto kontrolliert und beherzt bis zum Stillstand ausbremsen, rechts ranfahren, raus aus dem fließenden Verkehr, um nicht noch für andere eine Gefahr darzustellen", sagt ADAC-Sprecher Christian Buric. Dann den Motor abstellen. Die Befürchtung, die Bremskraft könnte nicht ausreichen, hält der ADAC-Experte für unbegründet.

Der neue Vorfall dürfte die Zweifel verstärken, ob die technischen Probleme von Toyota-Fahrzeugen wirklich durch die mechanische Nachrüstung des Bremspedals gelöst werden können. Kritiker argumentieren, das Problem der ungewollten Beschleunigung könne durch einen Fehler in der Fahrzeugelektronik verursacht werden, dessen Behebung viel aufwendiger wäre.

Wenige Stunden vor dem neuen Vorfall hatte Konzernsprecher Mike Michaels diese Vorwürfe zurückgewiesen: "Wir gehen weiter davon aus, dass die Nachrüstung, wenn sie ordnungsgemäß ausgeführt wird, die gewünschte Wirkung erzielt." Die US-Behörde für Verkehrssicherheit hatte indes in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass bei ihr mehr als 60 Beschwerden über ungewollte Beschleunigungen von bereits nachgerüsteten Toyotas eingegangen seien.

Toyota hat in den vergangenen Wochen weltweit 8,5 Millionen Autos zurückgerufen. Das US-Verkehrsministerium sprach Anfang März von 52 Todesfällen seit dem Jahr 2000 bei Unfällen, die mit unabsichtlichen Beschleunigungen zu tun haben sollen.