Mit orkanartigen Böen und Dauerregen hat das Sturmtief “Xynthia“ in Europa mindestens 55 Menschen in den Tod gerissen und starke Schäden verursacht. Durch umstürzende Bäume starben in Deutschland fünf Menschen, in Frankreich gab es mehr als 45 Tote, Hunderte Menschen wurden verletzt.

Frankfurt. Im Schwarzwald nahe der Gemeinde Feldberg (Baden-Württemberg) wurde ein Mann in seinem Auto durch einen umstürzenden Baum erschlagen. In Hessen starb ein 69 Jahre alter Wanderer in der Nähe von Taunusstein bei einem Waldspaziergang. Ein zwei Jahre alter Junge, der sich unbemerkt von einer Familienfeier weggeschlichen hatte, ist im südhessischen Biblis in den Fluss Weschnitz geweht worden und ertrunken. In Pulheim bei Köln wurde eine Joggerin von einem Baum erschlagen, in Coesfeld (Nordrhein-Westfalen) fiel ein Baum auf einen Wagen, in dem eine 70 Jahre alte Autofahrerin ums Leben kam.

Massive Beeinträchtigungen gab es im Bahn- und Flugverkehr. Vor allem der Westen, Südwesten und die Mitte Deutschlands waren betroffen. Durch Äste in den Oberleitungen und umgefallene Bäume gab es zahlreiche Streckensperrungen. In Nordrhein-Westfalen wurde vorübergehend der gesamte Eisenbahnverkehr eingestellt. Ein ICE mit etwa 800 Reisenden saß nach einer Kollision mit einem entwurzelten Baum stundenlang auf freier Strecke zwischen Fulda und Hanau fest.

Auf dem Frankfurter Flughafen kam es zu Verspätungen und Flugausfällen. Der Verkehr sei wegen der starken Windböen "sehr eingeschränkt", sagte ein Sprecher. Bis zum Abend wurden 243 Flüge gestrichen. Der Deutsche Wetterdienst gab Unwetterwarnungen für Bayern, Hessen, Niedersachsen und Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen heraus und warnte vor orkanartigen Böen. Die höchste Windgeschwindigkeit in Deutschland erreichte "Xynthia" mit 166 km/h in Rheinland-Pfalz.

In Frankreich kamen nach Angaben von Innenminister Brice Hortefeux zwischen 45 und 50 Menschen ums Leben. Allein im westlichen Département Vendée, wo es heftige Überschwemmungen gab, starben 29 Menschen. Regierungschef François Fillon sprach von einer "nationalen Katastrophe". Viele der Opfer ertranken oder wurden von herumfliegenden Gegenständen erschlagen. Rund eine Million französische Haushalte waren ohne Strom. "Xynthia" fegte mit Windgeschwindigkeiten von 150 km/h über Frankreich hinweg und verursachte an den Küsten acht Meter hohe Wellen. Am Eiffelturm in Paris erreichte der Sturm Spitzengeschwindigkeiten von 175 Kilometern pro Stunde. In Spanien, wo der Orkan teilweise mit 228 km/h wütete - Wetterexperten sprachen von einer "meteorologischen Bombe" - kamen mindestens drei Menschen ums Leben, in Portugal wurde ein Zehnjähriger beim Fußballspielen von einem Ast erschlagen. In Belgien wurde ein Mann von einem entwurzelten Baum erschlagen.

Damit ist "Xynthia" der folgenschwerste Sturm seit mehr als zehn Jahren in Europa. Zwar erreichte der Orkan "Lothar" am zweiten Weihnachtsfeiertag 1999 in Böen größere Windgeschwindigkeiten (bis 213 km/h), doch mit 50 Opfern wurden damals etwas weniger Tote in Europa gezählt. "Kyrill" schlug am 18. Januar 2007 mit bis zu 202 Kilometern pro Stunde eine Schneise der Verwüstung durch Europa. 47 Menschen starben damals, elf in Deutschland.