Drei Manager darüber hinaus zu Haft auf Bewährung verurteilt. Beschwerden über unfaire Wettbewerbspraktiken.

Hamburg/Mailand. Ein Junge mit Downsyndrom wird von vier Mitschülern in Turin beschimpft und geschlagen. Einer der Täter filmt den Angriff mit einem Mobiltelefon und stellt das Filmchen später unter der Rubrik "Die lustigsten Filme" bei Google Videos online. Bis der Beitrag zwei Monate später gelöscht wird, sehen 5500 Besucher das Martyrium des behinderten Jungen. Das war im September 2006.

Ein Gericht in Mailand hat gestern drei Manager von Google Italien zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Während ein vierter Angeklagter freigesprochen wurde, befand Richter Oscar Magi den damaligen Aufsichtsratschef David Drummond, den früheren Finanzchef George de los Reyes und Peter Fleischer, der beim Unternehmen für Privatsphäre und Datenschutz zuständig ist, für schuldig, die Privatsphäre des behinderten Jungen aus Turin verletzt zu haben. Der Anbieter hätte die Zustimmung zur Veröffentlichung des Videos von allen Beteiligten einholen müssen, begründete Magi das Urteil. Zudem habe Google zu spät auf Beschwerden reagiert, die bereits kurz nach der Veröffentlichung auf Entfernung des Videos gedrängt hatten. Daher erging gegen den Konzern eine Geldstrafe in unbekannter Höhe.

Die Staatsanwaltschaft und der Verein ViviDown, der sich für Menschen mit Trisomie 21 einsetzt und als Nebenkläger aufgetreten war, zeigten sich mit dem Präzedenzurteil zufrieden. Das Opfer hatte sich im vergangenen Jahr aus dem Prozess zurückgezogen, nachdem Google sich entschuldigt hatte.

Die Verurteilten dagegen waren gestern nach eigenen Aussagen "fassungslos". Der Sprecher von Google, Bill Echikson, sagte: "Sie haben es nicht gefilmt, nicht hochgeladen und keiner von ihnen weiß, wer dahintersteckt." Trotzdem seien sie zur Verantwortung gezogen worden. David Drummond erklärte: "Ich bin außer mir. Diese Entscheidung schafft ein gefährliches Beispiel." Nun könne jeder Angestellte eines Video-Anbieters in dieser Weise haftbar gemacht werden.

Er wies außerdem darauf hin, dass Google Italien das Video nach Beschwerden umgehend gelöscht habe und darüber hinaus bei der Identifizierung der Täter geholfen habe, die daraufhin verurteilt werden konnten. Zudem gebe es in Italien sowie der gesamten EU klare Gesetze, die festlegten, dass Google veröffentlichte Videos nicht kontrollieren müsse. Der Sprecher von Google Italien, Marco Pancini, sprach gar von einer "Attacke auf die grundlegenden Freiheitsprinzipien, auf denen das Internet gegründet worden ist." Sowohl bei Google als auch bei der Videoplattform YouTube, die Google im Oktober 2006 übernahm, kann jeder registrierte Nutzer Filme einstellen. Diskriminierende Inhalte werden nur gelöscht, wenn sie von anderen Teilnehmern gemeldet werden.

In Italien ist dieses Urteil besonders brisant, denn Anfang der Woche hatte eine Gruppe im Internetnetzwerk Facebook für Empörung gesorgt, die Menschen mit Downsyndrom als "Idioten" bezeichnete. Während Staatsanwalt Alfredo Robledo gestern von einem großen Schritt im "Hinblick auf den Schutz der Menschenwürde" sprach, kündigte Google an, in Berufung zu gehen.

Neues Ungemach droht Google von der EU-Kommission. Dort gingen drei Beschwerden wegen Behinderung der Konkurrenz gegen den Suchmaschinenanbieter ein. Google soll Wettbewerber auf der Liste der Suchergebnisse extra weit unten angezeigt haben.