Baukonzern immer stärker unter Druck. Stadt erstattet Strafanzeige. In Köln droht Flutung von U-Bahn-Schacht.

Hamburg/Düsseldorf. Erst der Pfusch beim Kölner U-Bahn-Bau, dann der Verdacht auf Mängel bei der ICE-Strecke München-Nürnberg. Jetzt der neue Verdacht: Auch beim Bau der Düsseldorfer U-Bahn soll der Mannheimer Großkonzern Bilfinger Berger Protokolle gefälscht und an Material "gespart" haben.

Eine interne Untersuchung hatte ergeben, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei sechs der insgesamt 540 Schlitzwandlamellen Schubhaken zur Verbindung von Bewehrungskörben fehlen könnten. Diese Vorrichtung, die mit einer stabilisierenden Flüssigkeit verstärkt wird, dient im Tiefbau zur Befestigung von Baugruben. Darüber hinaus gestand ein Sprecher von Bilfinger Berger ein, dass auch bei diesem Projekt der Verdacht auf nicht ordnungsgemäß erstellte Vermessungsprotokolle bestehe.Die Stadt Düsseldorf erstattete gestern Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen zwei Mitarbeiter des Baukonzerns. Auch in Düsseldorf seien gefälschte Protokolle entdeckt worden, sagte Baudezernent Gregor Bonin. Allerdings bestehe hier keine Gefahr für die Stabilität der Baugruben der Wehrhahn-Linie, weil die Arbeiten noch am Anfang stehen. "Die Düsseldorfer U-Bahn wird absolut sicher gebaut werden", sagte Bonin. Im weiteren Verlauf könnten noch zusätzliche Verstärkungen eingebaut werden.

Die Fehler waren entdeckt worden, weil das Unternehmen nach dem Skandal beim Bau der Kölner U-Bahn alle Projekte überprüfen ließ, bei denen ähnliche Technologien verwendet wurden oder bei denen drei Mitarbeiter verantwortlich waren, die wegen ihrer Tätigkeit in Köln bereits freigestellt wurden. Beides traf auf die geplante Wehrhahn-Linie zu.

Nach den neuen Pfusch- und Betrugsvorwürfen will die Düsseldorfer Bezirksregierung nun auch die bereits abgenommenen Bauwerke, an denen Bilfinger Berger beteiligt war, nachträglich auf ihre Sicherheit überpüfen. Der Betrieb Straßen.NRW soll nach einem Bericht der "Rheinischen Post" alle von dem Konzern in den vergangenen 40 Jahren errichteten U-Bahn-Strecken in Bielefeld, Dortmund, Mülheim, Oberhausen, Duisburg, Krefeld, Bochum, Gelsenkirchen und Witten untersuchen. Auf die Mängel-Vorwürfe zur ICE-Strecke hat das Unternehmen inzwischen reagiert. Der Vorstandsvorsitzende Herbert Bodner sagte, unabhängige Qualitätskontrollen der Bahn hätten keine Beanstandungen ergeben. Es gehe vielmehr um Bauwerke neben der Strecke. Bodner versprach im Hinblick auf alle laufenden Untersuchungen: "Da gibt es nichts, das irgendwie beiseitegedrückt wird." Heute wird es dazu eine Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft geben, die für den Bau der Kölner U-Bahn verantwortlich zeichnet.

Schon am Wochenende droht der Arbeitsgemeinschaft neuer Ärger. Wie die Kölner Hochwasserschutzzentrale mitteilte, könnte der Rheinpegel dann die Sechs-Meter-Marke überschreiten. Ab einer Höhe von 6,50 Metern müsste die U-Bahn-Baugrube am Heumarkt kontrolliert geflutet werden. Dort sind nämlich nur etwa 17 Prozent der nötigen Eisenbügel zur Stabilisierung vorhanden. Die fehlenden sollen von Bauarbeitern abgezweigt und verkauft worden sein. Mit zunehmendem Rheinpegel steigt auch der Grundwasserspiegel und es entsteht ein Druck, der die mangelhaft gesicherten Wände der Grube zum Einsturz bringen könnte. Daher wollen die Kölner Verkehrsbetriebe, die Auftraggeber des Baus, mit der Flutung einen Gegendruck schaffen. Die Vorbereitungen dafür sind abgeschlossen. Heute werden die Anwohner informiert.