Eltern kämpfen um das Leben ihres Kindes. In Schweden ist ihre Einwilligung zum Abschalten der Maschinen unnötig.

Stockholm. Malin ist drei Monate alt. Das kleine Mädchen ringt mit dem Tod und seine Eltern kämpfen gegen die schwedischen Gesetze. Denn in dem skandinavischen Land dürfen die Ärzte gegen den ausdrücklichen Willen der Angehörigen lebenserhaltende Maßnahmen abbrechen.

Malin und ihre Zwillingsschwester Maya kamen am 16. November in der Kleinstadt Helsingborg neun Wochen zu früh zur Welt. Sie waren winzig, aber gesund. Sechs Wochen später - am Tag vor Heiligabend - durften die Mädchen nach Hause zu ihren Eltern Anna Månsson (38) und Christian Fryding (49). Alles schien perfekt zu sein. Bis zu jener schrecklichen Nacht Mitte Januar. Anna Månsson schaute noch einmal nach ihren Babys und stellte fest, dass Malin nicht atmete. "Der Krankenwagen war sofort da, aber die Temperatur war bereits auf 33 Grad gefallen. Die Situation war äußerst kritisch", sagt sie.

Die Ärzte konnten Malin wieder ins Leben zurückholen. Aber neurologische Untersuchungen an der Uniklinik Lund zeigten später, dass Malin während ihres Atemstillstandes mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Hirnschaden erlitten hat. Die Ärzte entschlossen sich, das Beatmungsgerät abzuschalten - gegen den Willen der Eltern. Vorher berieten sie sich noch mit dem Ethischen Rat der Regierung, in dem auch der frühere Erzbischof Karl Hammar (67) vertreten ist.

Dr. Eva Ranklev ist Chefärztin an der Klinik. Sie akzeptiert zwar, dass die Entscheidung für Angehörige "unerträglich schmerzhaft" sei, kann aber den Widerstand der Eltern trotzdem nicht verstehen. "Die Ärzte haben das juristische Recht, eine sinnlose Behandlung zu stoppen. Es ist wirklich selten, dass die Eltern sich widersetzen, wenn es keine Aussichten für das Kind gibt."

Die Eltern sehen jedoch gute Aussichten für ihr Kind. In ihren Augen hat sich Malin bereits erholt. Vater Christian Fryding: "Sie zeigt Reflexe und sie bewegt sich. Wir akzeptieren zwar, dass sie Schäden erlitten hat, aber man kann doch nicht jetzt schon aufgeben." Bereits Anfang Februar wollte man die Maschinen abstellen, zuletzt am vergangenen Wochenende. Erst im allerletzten Augenblick einigten sich Ärzte und Eltern darauf, doch noch etwas zu warten. Dabei scheint es Malin inzwischen wirklich besser zu gehen. "Am Freitag durften wir sie baden, sie hat reagiert und die Augen geöffnet. Malin will leben, und sie hat die Kraft dazu", sagt der Vater. Trotzdem wurde nun erneut ein Termin festgelegt. Morgen soll Malins Leben endgültig erlöschen. Bis dahin können die Eltern nur noch auf ihre letzte juristische Möglichkeit hoffen, auf die sogenannte "zweite Meinung". Spezialisten, die mit dem Fall nicht vertraut sind, sollen Malin untersuchen. Wenn sie zu einer anderen Diagnose als ihre Kollegen in Lund kommen, wird das Mädchen weiterhin behandelt. Das größte Problem besteht im Moment darin, Spezialisten zu finden, die sowohl von der Uni-Klinik Lund als auch von Malins Familie akzeptiert werden. Malins Eltern hoffen auf Spezialisten aus dem Ausland, während von der anderen Seite nur schwedische Kollegen benannt werden.

Dabei müssen die Eltern auch noch andere Sorgen ertragen. Denn Maya wurde auch krank. Sie liegt mit einer Virusinfektion in einer anderen Klinik in einer anderen Stadt. Gleichzeitig ist zu Hause die 18 Monate alte Schwester und braucht ebenfalls Betreuung. Anna Månsson: "Es ist schrecklich, dass man uns bei einer so schweren Entscheidung nicht einmal Zeit gibt."