Ermittlungen gegen zehn Verdächtige “in Sachen Eisenklau“. Baukonzern suspendiert drei führende Mitarbeiter.

Köln. Fehlende Stahlbügel, minderwertiger Beton, gefälschte Vermessungsprotokolle - die Mängelliste beim Bau der Kölner U-Bahn wird immer länger. Jetzt prüfen die Stadt Köln und der Bauherr des Kölner Großprojekts, die Verkehrsbetriebe (KVB), den beteiligten Bauunternehmen zu kündigen. Bei einer Krisensitzung ging es gestern aber vor allem um die Sicherheitslage an der Baugrube Heumarkt in der Altstadt. Die KVB kritisierten erneut die unzureichende Informationspolitik der Baufirmen.

Der federführende Baukonzern Bilfinger Berger aus Mannheim hat unterdessen drei Mitarbeiter suspendiert. Ein Unternehmenssprecher bestätigte Berichte, denen zufolge ein Polier und zwei Bauleiter freigestellt wurden, die für die Arbeiten an der nun als gefährdet eingestuften Baugrube am Heumarkt zuständig waren. Zugleich betonte der Sprecher aber, es handele sich ausdrücklich nicht um die "Führungsriege" des Unternehmens. Bilfinger Berger hatte auf Fragen von KVB und Stadt bisher nur mit der Auskunft reagiert, bei den Bauprotokollen seien "vielleicht aus Software-Unverständnis" Fehler gemacht worden.

Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte im Januar wegen Verdachts auf Betrug und Fälschung technischer Aufzeichnungen Ermittlungen gegen drei Mitarbeiter von Baufirmen eingeleitet. In der Domstadt wird schon von organisiertem Betrug gesprochen.

Gutachter und Techniker prüfen nun unter Hochdruck, ob die Stabilität der U-Bahn-Baustellen in der Innenstadt wegen der Mängel auch bei Hochwasser des Rheins noch gegeben ist. Um die Sicherheit zu erhöhen, wurden an der Haltestelle Heumarkt bereits vorsorgliche Maßnahmen veranlasst. Dazu zählt laut KVB vor allem der Einbau zusätzlicher Querversteifungen an den Grubenwänden. Im Notfall könnte die unterirdische Baustelle auch geflutet werden, um den Druck durch ein möglicherweise steigendes Grundwasser zu mindern. Dazu werde Schotter auf dem Grund verteilt und ein wasserdichtes Schott eingebaut. Derzeit gebe es für eine solche Maßnahme den Verkehrsbetrieben zufolge jedoch keinen Anlass. Nach Angaben der Hochwasserschutz-Zentrale muss mit zunehmender Schneeschmelze und bei Regenfällen jedoch mit höheren Pegel-Ständen gerechnet werden. Schon für die nächsten Tage sagen die Meteorologen Temperaturen im Plusbereich voraus. Die zusätzlichen Sicherungsvorkehrungen für die U- Bahn-Baugrube am Kölner Heumarkt sollen bis Ende der Woche abgeschlossen sein.

Oberbürgermeister Jürgen Roters verlangt angesichts der zunehmenden Verunsicherung in der Bevölkerung eine rasche Aufklärung. Er hat den Vorstandsvorsitzenden des Bauunternehmens Bilfinger Berger, Herbert Bodner, in einem Schreiben zu einer Stellungnahme aufgefordert. "Täglich wächst die Angst, weil immer neue Mängel bei der Bauausführung bekannt werden", schrieb Roters.

Der U-Bahn-Bau wird mit Einsturz des Stadtarchivs vor rund einem Jahr in Zusammenhang gebracht. Damals waren zwei Menschen ums Leben gekommen. Hier ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt. Ein zweites Verfahren richtet sich gegen zwei Mitarbeiter von Baufirmen. Der Verdacht laute hier auf Betrug und Fälschung technischer Aufzeichnungen, sagte Oberstaatsanwalt Günther Feld. Zudem ermittelt die Behörde "in Sachen Eisenklau" gegen rund zehn Verdächtige. Sie sollen die Eisenbügel an Schrotthändler verkauft haben.