Marine aus Kiel hilft bei Bergungsarbeiten. Luftfahrt-Bundesamt erklärt, welche Gefahr von Blitzen ausgeht.

Beirut. Beim Absturz eines äthiopischen Verkehrsflugzeugs vor der libanesischen Küste sind offenbar alle 90 Insassen ums Leben gekommen. Die Boeing 737-800 war bei einem Gewitter gestern früh wenige Minuten nach dem Start vom Radar verschwunden und brennend ins Mittelmeer gestürzt. Überlebende habe es den libanesischen Behörden zufolge nicht gegeben. Das Wetter war "im Prinzip" die Ursache für den Absturz, sagte der libanesische Verteidigungsminister Elias al-Murr.

Das Flugzeug war auf dem Weg in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba, als es dreieinhalb Kilometer westlich des Küstenortes Na'ameh auf dem Wasser aufschlug. Es war der libanesischen Armee zufolge bereits in der Luft auseinandergebrochen. Anwohner hatten einen Feuerball und einen "Blitz, der das gesamte Meer erleuchtete" gesehen. Ein Anschlag sei unwahrscheinlich, sagte der libanesische Präsident Michel Suleiman.

54 Insassen kamen aus dem Libanon, 22 aus Äthiopien. Weitere Opfer stammen aus Großbritannien, Kanada, Russland, Syrien, dem Irak und Frankreich, unter ihnen auch die Frau des französischen Botschafters und sieben Besatzungsmitglieder. Zerstörte Flugzeugsitze und Wäsche wurden an die Küste gespült. Ein 14-köpfiges äthiopisches Team traf zur Untersuchung des Unglücks ein. Hilfe kam auch aus Norddeutschland: Die deutsche Marine koordinierte den Sucheinsatz. Die Besatzung des deutschen Minenjagdbootes "Laboe" aus Kiel barg drei Leichen und übergab sie den libanesischen Behörden. Der Versorger "Mosel" steuerte den Rettungseinsatz. Die beiden deutschen Boote sind als Teil des Marineverbandes Unifil vor der libanesischen Küste im Einsatz, der den Waffenschmuggel an die radikal-islamische Hisbollah unterbinden soll. Außerdem waren auch britische Soldaten, ein französisches Flugzeug sowie Hubschrauber der Italiener und USA im Einsatz.

Auch wenn es sehr selten vorkommt, dass Blitze ein Flugzeug zum Absturz bringen, sind "Gewitter wegen der auftretenden starken Turbulenzen innerhalb der Gewitterwolke und der Gefahr von Blitzen gefährlich", sagt Cornelia Cramer, Sprecherin des Luftfahrt-Bundesamts. "Deswegen werden Gewitterwolken normalerweise auch in großem Abstand umflogen." Vorausgesetzt, die Piloten werden von den Wetterdiensten gewarnt. "Es gibt jedoch auch in Schichtbewölkung eingebettete Gewitterwolken, die nur durch das Wetterradar zu erkennen sind", sagt Cramer. Aber selbst auf dem können die Piloten nicht alles sehen. Regen wird beispielsweise gut reflektiert, Eis hingegen nicht, sodass Hagel leicht vom Wetterradar übersehen werden kann. Gerät ein Flugzeug in ein Gewitter, werden die Anschnallzeichen angeschaltet, lose Gegenstände verstaut und die Geschwindigkeit reduziert. Die Piloten schützen ihre Augen mit Sonnenbrillen, da eine Blendung durch einen Blitz mehrere Minuten die Sehfähigkeit beeinträchtigen kann, heißt es seitens des Luftfahrt-Bundesamts.

Wird das Flugzeug vom Blitz getroffen, gibt es einen dumpfen Schlag gegen den Rumpf. "Es gibt aber auch Fälle, in denen erst nach der Landung festgestellt wird, dass ein Blitz eingeschlagen ist", sagt Cramer. Im schlimmsten Fall fallen die Instrumente aus. Piloten trainieren den Ernstfall aber im Flugsimulator. Zudem sind Flugzeuge sogenannte Faradaysche Käfige. Das bedeutet, dass ein Blitzschlag üblicherweise nicht in das Luftfahrzeug eindringen und dort Schaden anrichten kann. Herausstehende Teile wie Antennen können aber abschmelzen.

Am Flughafen von Beirut warfen Angehörige Ministerpräsident Saad al-Hariri vor, die Maschine hätte bei dem Wetter nicht starten dürfen. Der Chef der Fluggesellschaft, Girma Wake, sagte, er glaube nicht, dass der Kapitän bei gefährlichen Bedingungen gestartet wäre. Das Flugzeug wurde seinen Angaben nach 2002 gebaut und zuletzt im Dezember untersucht.