Ein Hoch spaltet Deutschland: Schneeregen im Süden, klirrende Kälte im Norden. Schuld ist ein Sibirien-Hoch.

Hamburg. "Der Winter ist keine Jahreszeit, sondern eine Aufgabe", umschrieb der amerikanische Literaturnobelpreisträger Sinclair Lewis (1885-1951) ganz cool die Wochen, die auch bei uns in diesem Jahr für die ein oder andere Herauforderung gesorgt haben. Schnee, vereiste Straßen und Gehwege, dazu Temperaturen im Keller des Thermometers. Doch trotz oder gerade wegen dieser ungewohnten Extreme sind die Deutschen dem kalten Winter durchaus zugetan. Einer Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins "Focus" zufolge, freuen sich sogar 70 Prozent der Bundesbürger über die schneereiche und kalte vierte Jahreszeit. Unter den 25- bis 34-Jährigen sind es gar 83 Prozent. Lediglich 28 Prozent der Befragten hätten lieber höhere Temperaturen. Das Gefühl, dass sich jeder zähneklappernd über die Eiszapfen an der Nase beschwert, scheint also zu trügen.

Demnach müssten die Wetteraussichten für die kommenden Tage viele Menschen sehr glücklich machen. Denn der Anfang der Woche wird erst kälter, und von Mitte der Woche an kommt auch noch Schnee hinzu. Hans-Arnold Pols, Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Hamburg, erklärt: "Seit einiger Zeit liegt über Osteuropa ein kräftiges Hoch, das sämtliche atlantischen Tiefdruckgebiete blockiert." Dadurch würden mildere Temperaturen verhindert.

Stattdessen habe es der Nordosten Deutschlands mit einer "trockenen sibirischen Kälte" zu tun. Lars Lowinski vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg ergänzt: "Im Grunde liegt von hier bis Moskau Schnee, und der starke Ostwind bringt die kalte Luft über die polnische Grenze." Pols vergleicht diesen Winter mit dem von 1997. Auch damals war es so frostig. Normalerweise liegt die Durchschnittstemperatur laut DWD im Januar bei minus 0,5 Grad Celsius, da der Winter in Hamburg laut Pols "durch den maritimen Einfluss eher nasskalt ist". Bisher lag der Mittelwert im Jahr 2010 allerdings bei minus 2,7 Grad. Hinzu kommt weniger Niederschlag als sonst, der nur etwa 20 Prozent der Normalmenge entspricht. Dies wird sich voraussichtlich erst am Mittwoch dieser Woche ändern.

Dann nämlich kämpft sich ein Tiefdruckgebiet aus dem Norden vor und hat nasse Kälte im Gepäck. Auch kräftiger Wind reist mit, wodurch sich die Temperaturen, die auf etwa null Grad steigen werden, wieder wie minus 12 Grad anfühlen werden. Es muss mit überfrierender Nässe, Schnee und Schneewehen gerechnet werden. Damit gleicht sich der Norden dem Süden Deutschlands an, wo schon seit Dezember Tiefdruckgebiete regieren. Während der vergangene Sommer im Bundesgebiet sehr homogen war, ist das Land im Moment zweigeteilt. Meteorologe Pols verdeutlicht: "Das Hochdruckgebiet liegt wie ein Stein über dem Nordosten." Die Tiefdruckgebiete vom Nord- und Mittelmeer müssten daher im wahrsten Sinne des Wortes ausweichen. Den Schnee oder Regen und die nasse Kälte bekäme daher der Südwesten ab.

Lars Lowinski hofft, dass es nach der kalten, aber trockenen Phase bei neuem Schneefall nicht zu Verkehrsproblemen kommt: "Inzwischen weiß ja wohl jeder, dass Winter ist, da wird es hoffentlich kein Chaos geben." Außerdem seien die Straßen jetzt teilweise auch vereist, "da kann es nicht schlimmer werden."

Der Dauerfrost wird uns laut Vorhersagen beider Meteorologen bis mindestens Anfang Februar erhalten bleiben. Lowinski vermutet sogar: "Auch dann wird das Eis nicht sofort gänzlich wegtauen." Doch schon der Dichter Walther von der Vogelweide (1170-1230) erkannte: "Könnte ich den Winter nur verschlafen! Solange ich wach bleibe, grolle ich ihm, dass seine Macht so groß und so weit ist. Wahrlich, einmal muss auch er dem Maien weichen. Dann pflücke ich dort Blumen, wo jetzt Reif liegt."