Die junge Charlyn aus Berlin kann ihren rechten Arm noch immer nicht wieder voll bewegen. Der Anschlag galt eigentlich der Stiefschwester des Täters.

Berlin. Zunächst regungslos, dann mit einem plötzlichen Lachen quittierte der Berliner Briefkasten-Bomber Peter J. (34) am Freitag sein Urteil. Wegen versuchten Mordes muss er lebenslang in Haft. Es sei ein Wunder gewesen, dass seine Nichte Charlyn bei dem heimtückischen Anschlag im November 2008 nicht starb, urteilte das Gericht. Es kommt nicht so oft vor, dass ein Mordversuch mit lebenslänglich bestraft wird. Doch in diesem Fall sei keine mildere Strafe in Betracht gekommen, sagte Richterin Angelika Dietrich. "Die Tat ist zutiefst menschenverachtend und außerordentlich heimtückisch." Sie wiege außerordentlich schwer, weil der Arbeitslose den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen habe. Die Richterin: "Es war ein Rachefeldzug."

Als Charlyn am 26. November 2008 einen Umschlag mit der Aufschrift "Frohe Weihnachten" aus dem Postkasten ihres Elternhauses im Stadtteil Rudow ziehen wollte, explodierte die aus vier Metallrohren bestehende Splitterbombe. Der Onkel hatte sie selbst gebaut und auch deponiert. Der rechte Arm der damals zwölfjährigen Schülerin wurde zerfetzt. Sie hatte Verbrennungen im Gesicht und verlor viel Blut. Ärzte retteten den Arm durch mehrere Operationen. Der Anschlag hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Viele nahmen Anteil am Schicksal des Mädchens und schickten Plüschtiere und Karten ins Krankenhaus. Das Leben der Gymnasiastin hat sich für immer verändert. Die 13-Jährige geht inzwischen wieder zur Schule, doch ihr Arm funktioniert nur teilweise.

Der Hass des Onkels, der von einem Psychiater als selbstgerecht und egozentrisch eingestuft wurde, hatte sich über Monate gegen Charlyns Familie aufgestaut. Eine fixe Idee trieb den schmächtigen Berliner um: Seine Stiefschwester und deren Mann sollten hinter einem Einbruch in seine Wohnung zu Weihnachten 2007 stecken. Der Mann habe Selbstjustiz üben wollen, sagte Richterin Dietrich. Ein zweiter Sprengsatz auf dem Autodach von Johns Stiefschwager war nur durch einen glücklichen Umstand nicht explodiert. Obwohl das Gericht Peter J. eine Persönlichkeitsstörung bescheinigte, wurde er als voll schuldfähig eingestuft. Er sei überlegt und zielgerichtet vorgegangen.

Charlyn blieb eine Aussage gegen ihren Onkel erspart. Vor Gericht beteuerte er, dass er seine Nichte nicht treffen wolle. Sie sei die Einzige in der Familie, die er gemocht habe. "Es tut mir leid", sagt er. "Ich kann es nicht wieder gutmachen." Er habe ihr aber 2500 Euro zukommen lassen. Charlyns Anwalt sagte, sie hege keine Rachegefühle. Noch im Krankenhaus hatte sie gesagt, vielleicht sei es gut gewesen, dass sie getroffen wurde - damit der Onkel zum Nachdenken komme.