Agca, Fritzl, “Dagobert“ und Co. versuchen aus ihren Straftaten Kapital zu schlagen - mit Büchern und Filmen.

Hamburg/London. Fast 30 Jahre nach dem Anschlag auf Papst Johannes Paul II. (gest. 84) ist der Attentäter Mehmet Ali Agca (52) gestern aus türkischer Haft entlassen worden. Nun will er mit seiner Tat, zumindest aber mit seinem Bekanntheitsgrad, Geld machen.

Allein mit Memoiren und Details über das Attentat könnte er umgerechnet etwa zwei Millionen Euro verdienen. In einem Brief an die britische Zeitung "Sunday Times" schrieb der Türke, dass es "von Japan bis Kanada riesiges Interesse" an Film-Dokumentationen gebe. Er will "das perfekte Evangelium" schreiben. Ob er auch das Attentat thematisieren will, ließ er offen. Agca soll für Interviews und zwei Bücher sieben Millionen Dollar gefordert haben. Seinen Wunschautor Dan Brown (45, "Sakrileg") schätze er als vatikankundig ein. Auch einen Titel hat er schon: "The Vatican Code".

Verbrechen lohnt sich anscheinend. Es muss nur spektakulär genug sein. So verstand schon Kaufhauserpresser Arno Funke (59) alias "Dagobert", sich gut zu vermarkten. 1994 gefasst und 1996 zu neun Jahren Gefängnis verurteilt, mutierte der Bombenleger zum Knast-Star, zeichnete für das Satiremagazin "Eulenspiegel" Karikaturen und wurde später dort Autor. Er verkaufte Aquarelle und schrieb 1998 seine Memoiren "Mein Leben als Dagobert". Auf seinen Freigängen bot er Buchvorträge (Eintritt damals 21 Mark), eine Radtour für Journalisten durch Berlin sowie Talkrunden an. Am 13. August 2000 wurde er wegen guter Führung vorzeitig entlassen.

2007 spielte der Gauner, dem immerhin ein Intelligenzquotient von 145 zugesprochen wurde, Theater ("Erbrechen lohnt sich nicht"). Sein Leben wurde verfilmt ("Das Phantom - Die Jagd nach Dagobert"). Allerdings unterschrieb Funke vor dem zweiten Prozess gegenüber Karstadt ein Schuldanerkenntnis über 3,83 Millionen Mark. Was ihm von seinen Tantiemen bleibt, ist fraglich. Zurzeit steht er mit "Steckenpferd ... wenn der Hafer sticht" auf der Bühne.

Auch Oetker-Entführer Dieter Zlof (67) gehört dem Klub der kriminellen Dichter an ("Die Geschichte der 21-Millionen-Erpressung"). Die Entführung wurde unter dem Titel "Tanz mit dem Teufel" verfilmt. Zlof ist heute jedoch durch die Verpflichtung zur Rückzahlung des Lösegelds hoch verschuldet und betreibt eine Imbissbude in einem Industriegebiet in München. Der gelernte Postbote und falsche Oberarzt Gert Postel (51) berichtete über seine "Doktorspiele", und der Immobilienpleitier Jürgen Schneider (76) zeigte sich nach seinen milliardenschweren Hochstapeleien frech wie Felix Krull ("Bekenntnisse eines Baulöwen").

Börsenmakler Nick Leeson (42), der im Alleingang die traditionelle Barings Bank in den Ruin führte, mauserte sich zum hochbezahlten Referenten (18 000 Mark pro Abend). Die ersten Honorare spendete er der Krebsforschung. Seine Autobiografie "Das Milliardenspiel" wurde 1999 verfilmt ("High Speed Money"). Bei der Premiere war auch Leeson Gast. Seit April 2005 ist er Manager des irischen Fußballklubs "Galway United". Im Juni 2005 wurde sein neues Buch "Back from the Brink: Coping with Stress" veröffentlicht.

Doch nicht jedes Geschäft kommt zustande: Josef Fritzl (74) aus Amstetten, der wegen Inzests und Freiheitsentzugs einsitzt, wollte aus dem Gefängnis heraus Vernehmungsprotokolle für vier Millionen Euro an Boulevardzeitungen verkaufen - das wurde verboten. Erfolgreicher war Betrüger Frank Abagnale (61). Er hatte als Teenager in 26 Ländern ungedeckte Schecks über 2,5 Millionen Dollar ausgegeben - als angeblicher Pilot, Arzt oder Anwalt. Er verbüßte fünf Jahre Haft, dann schrieb er seine Biografie, die in den Bestsellerlisten landete. Star-Regisseur Steven Spielberg (63) setzte ihm mit "Catch me if you can", mit Leonardo di Caprio (35) in der Hauptrolle, ein Denkmal.