Hamm. Verspätungen, Riesenumwege, ausgefallene Verbindungen: Bahnfahren auf der Strecke zwischen Berlin und Köln ist in diesen Tagen eine Geduldsprobe. Denn zwei Güterzugunfälle in Westfalen haben den Betrieb auf der Ost-West-Achse völlig durcheinandergebracht.

Mitten im "Bermuda-Dreieck" liegt der Bahnhof Hamm. Hier strandeten gestern immer neue genervte Reisende. "Fährt dieser Bus nach Borkum?", fragt ein Fahrgast den Busfahrer. "Nicht Borkum, Beckum. Neubeckum." Einerlei, findet der Fahrgast, der eigentlich nur in Berlin ankommen möchte. Er gehört zu den Pechvögeln, die auf Ersatzbusse der Bahn angewiesen sind oder nicht wissen, dass zumindest die Fernzüge wieder fahren.

Im münsterländischen Neubeckum war in der Nacht zum Dienstag ein erster Zug entgleist, hatte die Strecke verwüstet und damit die ICE-Route unterbrochen.

Nahe Porta Westfalica war am Mittwoch dann ein zweiter Güterzug aus den Schienen gesprungen und hatte auch noch die Umleitung versperrt. Zugausfälle und noch größere Umwege waren die Folge.

Ein Horrorszenario für Reisende. Besonders unangenehm hat es einen Bielefelder erwischt. "Ich war schon morgens mit den Pendlern unterwegs. Von Bielefeld nach Neubeckum per Zug und von dort weiter nach Hamm mit dem Bus. Und auf der ganzen Zugstrecke: keine Toiletten!" Die Sanitäranlagen waren eingefroren. Auch Dustin Löpenhaus (17) ist wütend: "Ich raste bald aus", donnert er in sein Handy. Zwar lief der Bahnverkehr gestern entspannter als am Vortag. Doch wirklich sorglos sind nur die Kontrolleure unterwegs: "Uns ist egal, wo wir entlangfahren", sagt Schaffner Meinholf Hille (58) mit entwaffnendem Charme.

Im Ärmelkanal-Tunnel zwischen Frankreich und Großbritannien ist gestern erneut ein Eurostar-Zug liegen geblieben, der von einer anderen Lok nach zwei Stunden ins Freie geschleppt wurde. 2600 Passagiere mussten die Reise in einem Ersatzzug fortsetzen. Als mögliche Ursache gilt ein Defekt im Signalsystem des Zugs. Erst im Dezember 2009 waren fünf Züge im Tunnel steckengeblieben.