Ein Gericht in Paris verwarf den Antrag auf Vormundschaft für die 87 Jahre alte Milliarden-Erbin Liliane Bettencourt.

Paris. Erste Entscheidung im Streit um Geld und das Schönheitsimperium L'Oréal: Die zukünftige Erbin hat gegen ihre Mutter Liliane Bettencourt (87) - mit einem geschätzten Vermögen von fast neun Milliarden Euro die drittreichste Frau der Welt - eine schwere Niederlage erlitten. Die Tochter Françoise Bettencourt-Meyers (55) wollte ihre Mutter unter Vormundschaft stellen, weil diese großzügig Geld verschenkt. Doch ihr Antrag wurde vor Gericht im vornehmen Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine abgelehnt, erklärte Olivier Metzner, der Anwalt der Tochter.

Nach außen pflegt der Kosmetikriese ein sauberes Image, doch hinter den Kulissen tobt die Schlammschlacht seit zwei Jahren und es kommen ständig neue pikante Details ans Licht.

Grund für die Ablehnung der Vormundschaft war, dass kein medizinisches Gutachten für Liliane Bettencourt vorliegt. Diese habe sich immer geweigert, sich den Gutachtern zu stellen, so Metzner. Die Tochter wollte die Mutter entmündigen lassen, weil diese dem bekannten Fotografen François-Marie Barnier (62), der einst auch mit dem im vergangenen Jahr im Alter von 71 Jahren verstorbenen Modeschöpfer Yves Saint Laurent gut befreundet war, über die Jahre immer wieder viel Geld zukommen ließ. Sehr viel Geld sogar: Die Rede ist von einer Milliarde Euro, die sie ihm über Jahrzehnte in Gemälden, Lebensversicherungen und Bargeld schenkte. Die Tochter hat deshalb den Günstling ihrer Mutter verklagt. Sie wirft ihm vor, ihre Mutter auszunutzen. Morgen soll die Entscheidung fallen, ob es überhaupt zu einem Prozess gegen den Prominentenfotografen vor Gericht in Nanterre bei Paris kommt.

Liliane Bettencourt, die immer noch formal 30 Prozent der Anteile von L'Oréal und ebenfalls 30 Prozent der Stimmrechte hält, obwohl sie einen Teil offenbar schon ihrer Tochter überschrieben hat, ließ in einem seltenen Interview kürzlich wissen: "Ich bin eine freie Frau." Barnier sei einfach ein guter Freund und vor allem ein Künstler, den sie fördern wolle. Gemessen an ihrem Vermögen seien die Geschenke nicht sehr teuer gewesen. Auch Barnier hat sich mittlerweile dazu geäußert und erklärte in "Le Monde": "Alles, was sie mir geschenkt hat, ist nichts im Vergleich zu dem, was sie mir beigebracht hat." Die L'Oréal-Erbin sei "vollkommen klar im Kopf".

Die großzügigen Zahlungen hatten das Misstrauen der Tochter erregt, deshalb verklagte sie Barnier und beantragte parallel, ihre Mutter als unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Diese sei offenbar nicht mehr in der Lage, ihr Vermögen zu verwalten, hatte die Tochter erklärt. Barnier übe weiter Druck auf ihre Mutter aus. Sollte Barnier vor Gericht kommen und verurteilt werden, drohen ihm bis zu drei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 375 000 Euro.

Schon früher hatte Liliane Bettencourt, die Tochter von Eugène Schueller, der L'Oréal 1907 gegründet hatte, Künstler und Wissenschaftler in Millionenhöhe gefördert. Vor einigen Tagen hieß es in Medienberichten zudem, dass Bettencourt den Chairman von L'Oréal großzügig belohnt haben soll. Der Brite Lindsay Owen-Jones, der 18 Jahre lang bis 2006 erfolgreich die Geschäfte des Kosmetikkonzerns führte, soll 160 Millionen Euro bekommen haben. Er wollte sich dazu nicht äußern, gab bisher aber auch kein Dementi ab.

Doch daran nahm die Tochter offenbar weniger Anstoß. Im Fall Barnier dagegen gehe die Großzügigkeit zu weit, findet sie. Liliane Bettencourts Anwalt Georges Kiejman vermutet hinter den Anstrengungen der Tochter ihre "unanständige Ungeduld", die Macht bei L'Oréal zu übernehmen. Er drohte inzwischen, die alte Dame könnte sie doch noch enterben und die Aktienüberschreibung rückgängig machen.