Bewaffnete Beamte durchsuchten Autos, durchkämmten Busse und Bahnen nach dem verurteilten Schwerverbrecher.

Bielefeld/Köln. Der von der Polizei gejagte Schwerverbrecher Peter Paul Michalski (46) ist möglicherweise im Raum Bielefeld untergetaucht. In einem Großeinsatz konzentrierten Polizei- und SEK-Einheiten ihre Fahndung gestern nach mehreren Hinweisen auf die ostwestfälische Stadt und ihre Umgebung. Bewaffnete Beamte durchsuchten an Kontrollstellen Autos und durchkämmten Busse und Bahnen nach dem Ausbrecher. Auch Häuser und Wohnungen von Verwandten und Bekannten des Mörders wurden observiert. Ein Polizeisprecher sagte in Köln, den Ermittlern seien "Bezugspunkte" Michalskis in Bielefeld bekannt, dort gebe es "bestimmte Maßnahmen". Einzelheiten nannte er nicht. Der Ausbrecher stammt aus Herford nahe Bielefeld und hat dort mehrfach Straftaten begangen.

Nicht nur in Bielefeld suchten die Ermittler, bundesweit waren laut Polizei mehrere Hundertschaften im Einsatz. Am Sonntag hatte der Schwerpunkt der Suche noch - mehr als 150 Kilometer entfernt von Bielefeld - in Mülheim an der Ruhr gelegen. Dort war der bewaffnete und hochgefährliche Kriminelle der Polizei offenbar nur knapp entkommen.

In einem Hochhaus fanden Beamte der Spezialeinheit SEK gestern eine Tasche mit Schmutzwäsche des 46-Jährigen und seines inzwischen gefassten Komplizen Michael Heckhoff (50). Wann sie sich dort aufgehalten hatten, war aber unklar. Michalski und der Geiselgangster Heckhoff waren wie berichtet am vergangenen Donnerstag aus der JVA Aachen ausgebrochen. Heckhoff konnte am Sonntag in Mülheim überwältigt werden. Beide Männer wurden zu lebenslangen Haftstrafen und einer anschließenden Sicherungsverwahrung verurteilt.

Der Druck auf Michalski wachse und könne ihn noch unberechenbarer machen, sagte der Euskirchener Psychologe Uwe Wetter. Es sei auch denkbar, dass der zunehmende Stress den Verbrecher dazu treibe, andere gezielt zu verletzen oder zu töten. Michalski hat fast sein ganzes Erwachsenen-Leben im Gefängnis verbracht. Bei einem Hafturlaub 1993 hatte er in Bielefeld einen Mittäter ermordet und dafür eine lebenslange Haftstrafe erhalten. Ob er noch Kontakt zu Familie und Bekannten hat, war unklar.

Der 40 Jahre alte Gefängniswärter, gegen den als mutmaßlicher Fluchthelfer bereits Haftbefehl erging, wurde möglicherweise bestochen oder erpresst. Der Mann hatte zur Tatzeit laut NRW-Justizministerium nur vorübergehend an der Pforte ausgeholfen, während der regulär eingeteilte Pförtner eine Kontrollfahrt machte. "Möglicherweise ist er erpresst worden, möglicherweise ist er bestochen worden. Das wissen wir noch nicht", sagte die Leiterin der Justizvollzugsanstalt, Reina Blikslager, dem ZDF.

Sie nannte die Fluchthilfe eine "hochkriminelle Handlung". Der Wärter soll die Schwerverbrecher auch mit zwei Pistolen versorgt haben.

Heckhoff und Michalski hatten in Aachen fünf schwere, verschlossene Türen der bisher als ausbruchsicher geltenden Haftanstalt mit einem Schlüssel geöffnet. Nach Einschätzung der Polizei könnte Michalski auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf der Flucht sein. Passanten sollten sich dem skrupellosen Gewaltverbrecher auf keinen Fall nähern, sondern unauffällig die Polizei alarmieren.

Der mittelgroße, hagere Mann mit Halbglatze trage einen ungepflegten "Zehntagebart", Jeans, Trekkingschuhe, eine dicke, graue Jacke oder ein braunes Jackett. Zugleich appellierten die Ermittler erneut an den 46-Jährigen, aufzugeben.

Am Sonntag war Heckhoff dem Sondereinsatzkommando in Mülheim an der Ruhr ins Netz gegangen - und hatte dabei nicht einmal Zeit, seine Pistole zu ziehen. Er wurde zwar bereits verhört, zum Inhalt wollte die Polizei aber zunächst nichts sagen. Heckhoff war 1992 an einer blutigen Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt im sauerländischen Werl beteiligt.