Wiesbaden. Eine junge Frau ist im Auto unter einem Lastwagen eingekeilt. Und die Rettungsfahrzeuge mit dem schweren Gerät bleiben im Stau stecken. Die Autofahrer sind nicht in der Lage, den Weg frei zu machen, denn sie müssen ja schauen, was passiert. Diese Szene aus dem "Tatort" mit dem Titel "Es wird Trauer sein und Schmerz" sahen am Sonntag 9,13 Millionen Menschen (24,4 Prozent). Gaffen - ist das die Realität auf deutschen Straßen?

Detlev Kaldinski (52), Sprecher der Polizeiinspektion Rotenburg, ist bei vielen Einsätzen vor Ort. "Ich habe den Tatort gestern im Fernsehen gesehen und fand ihn sehr spannend", sagt er. Allerdings hält er die Szene für übertrieben. Er hat das Problem mit Schaulustigen an Unfallstellen so noch nicht erlebt. "Fälle von Unterlassener Hilfeleistung kommen immer seltener vor", sagt er. Das bestätigt auch Rainer Bohmbach (47) von der Polizeiinspektion Stade: "Immer mehr Leute trauen sich überhaupt, Erste Hilfe zu leisten." Doch nicht jeder habe den Mut, Unfallopfer zu versorgen. Wichtig sei, wenigstens einen Notruf zu tätigen.

Das Statistische Bundesamt hat keine Zahlen über Opfer, die durch Schaulustige zu Schaden gekommen sind.