Die Polizei hat mittlerweile elf Leichen im Haus eines Sexualstraftäters in Cleveland gefunden. Die Suche nach Opfern geht weiter.

Cleveland. Die Zahl der im Haus eines verurteilten Sexualstraftäters in Cleveland gefundenen Leichen ist auf elf gestiegen. Das teilte die Gerichtsmedizin des Landkreises Cuyahoga am Mittwoch mit. Ein in einem Eimer gefundener Schädel könne nicht den Überresten von zehn bis dahin entdeckten Menschen zugeordnet werden, hieß es.

Von den Opfern sei bislang eines, eine 53-jährige Frau, identifiziert worden. Polizeichef Michael McGrath teilte mit, ihre Überreste seien im Hinterhof des Hauses ausgegraben worden. Sie wiesen Spuren auf, dass sie gewürgt worden sei. Der Schädel des elften Opfers wurde im Keller gefunden, die Zuordnung zu den anderen Funden war bis zum Abschluss der gerichtsmedizinischen Untersuchung unklar gewesen.

Dem 50-jährigen Anthony Sowell wird bislang fünffacher Mord sowie unter anderem Vergewaltigung und Entführung vorgeworfen. Er war in der vergangenen Woche festgenommen worden, nachdem eine Frau ihn wegen Vergewaltigung angezeigt hatte. Er wurde vor den Leichenfunden bereits einmal wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt.

Da der Verdächtige bereits als Sexualstraftäter aktenkundig war, musste er sich regelmäßig bei der Polizei melden. Die Beamten waren nicht berechtigt, sein Haus zu betreten, sahen aber in Abständen nach, ob er noch dort wohnte.

Vorwürfe gegen Polizei werden laut

Nach der Entdeckung von immer mehr Leichen in dem Haus sind Vorwürfe gegen die Polizei laut geworden. Die Behörden hätten Vermisstenmeldungen ignoriert, kritisierten Einwohner. „Sie haben uns gesagt, wir sollten nach Hause gehen, und sobald sie keine Drogen mehr habe, würde sie wieder auftauchen“, sagte Markiesha Carmichael-Jacobs, deren Mutter im November vergangenen Jahres verschwand.

Die 53-jährige Drogenabhängige wurde am Mittwoch als eines der Opfer identifiziert. Ihre sterblichen Überreste seien im Hinterhof des Hauses ausgegraben worden, offenbar sei sie erwürgt worden, erklärte die Polizei.

Einige Einwohner mutmaßen, die Polizei sei Vermisstenmeldungen nicht nachgegangen, weil die Frauen ohnehin aus der Stadt stammten - oder weil sie schwarz waren. Judy Martin sagte, die Angehörigen seien nicht ernst genommen worden, weil es um Menschen am unteren Rand der Gesellschaft gegangen sei. Er fürchte, dass das Viertel „vergessen wurde“, sagte der Geistliche Rodney Maiden.

In dem Stadtteil gibt es etliche Drogenabhängige und leerstehende Häuser. Er sei aber keinesfalls verwahrlost, sondern ein ganz normales Wohnviertel, sagte Zach Reed. Seine Mutter lebt ein paar Straßen von dem 50-jährigen Anthony Sowell entfernt. „Wie konnte jemand damit in einem Wohnviertel davonkommen?“

Auch der Geruch in der Nähe von Sowells Haus hätte eigentlich Fragen aufwerfen müssen. Die Angestellten eines nahegelegenen Landen mussten deswegen an manchen Tagen immer wieder Luft schnappen gehen. Es habe wie Abwasser oder verrottetes Fleisch gerochen, heißt es in der Stadt. Alles wurde gründlich gereinigt, die Stadt ließ mehrfach ermitteln, aber der stechende Gestank blieb.

Der 50-Jährige sei immer freundlich gewesen und habe einmal eine Grillparty für die Nachbarn veranstaltet, sagte Bess Fawcett, der ein Restaurant gegenüber von dessen Haus betreibt. Sowell muss bei einer Verurteilung mit der Todesstrafe rechnen. (AP/abendblatt.de)