“Die Prinzessin und der Präsident“ - das Buch des französischen Ex-Präsidenten Giscard d'Estaing erscheint am 1. Oktober. Ist es ein Schlüsselroman?

"Ich küsste ihre Hand, sie warf mir einen fragenden Blick zu, ihre stahl-grauen Augen weiteten sich, als sie ihren Kopf sanft vorbeugte. Ich zitterte vor Glück." Dies ist nicht etwa eine Passage aus einer Folge von "Dr. Stefan Frank". Ein französischer Staatsmann mit Schwäche für Frauen - und welcher französische Staatsmann hätte die nicht? -, veröffentlicht jene prickelnd-dampfige Schnulze soeben als eine Art Schlüsselroman. "Die Prinzessin und der Präsident", der am 1. Oktober in Frankreich erscheint, schildert die amouröse Affäre eines französischen Präsidenten mit einer britischen Prinzessin.

Nein, es ist nicht Nicolas Sarkozy. Dank des Einflusses seiner kulturaffinen Ehefrau Carla Bruni verzichtet er inzwischen auf die protzige Rolex und hässliche Angewohnheiten. Es handelt sich um Ex-Präsident Valery Giscard d'Estaing (83), der von der präsidialen Leidenschaft Jacques-Henri Lambertyes zu Prinzessin Patricia von Cardiff erzählt und damit nur unzureichend verschlüsselt von sich selbst und Prinzessin Diana, die mit 36 Jahren ums Leben kam. Zeitpunkt sind die 80er-Jahre. Giscard wäre damals 59 Jahre alt gewesen, Lady Diana 24. Mit der einst gepflegten Tradition der Tugend der Diskretion scheint es nicht mehr weit. Zumal die Beteiligte nichts Gegenteiliges mehr behaupten kann. Sie ist seit Jahren tot.

Nun bringt man in Frankreich der Triebkraft der Lenden traditionell ein etwas größeres Verständnis entgegen als anderswo. Nach dem Motto: Ein Mann, der nicht verführen kann, kann auch nicht regieren. Die Aura des Élysée-Palastes wirkt offenbar stimulierend, seit die Marquise de Pompadour, Mätresse Ludwigs des XV., hier residierte.

Giscard, der bereits 1994 einen deftigen Roman voller Sex-Szenen veröffentlichte, für den er reichlich Spott einheimste, hatte ja irgendwie schon immer mit Lady Di geprahlt. Er habe als Erster nach ihrem Autounfall in Paris rote Rosen ins Krankenhaus geschickt, hatte er herumgetönt. Zwei Jahre zuvor, nach einer Charity-Gala in Versailles, hatte er entdeckt, dass sie "eine Katze ist. Sie bewegt sich lautlos". Mit Henry Kissinger soll er sich darüber gestritten haben, wem sie mehr Gefühle entgegenbringe.

Ist es vielleicht auch jetzt wieder nur ein Hahnenkampf, der Giscard so antreibt? Er wolle mit seinem Roman nur die unmittelbar bevorstehenden Memoiren seines Erzfeindes Jacques Chirac boykottieren, wurde spekuliert. Der hatte nämlich 1981 Giscards Wiederwahl verhindert. Giscards Biograf Jean-Pierre Coclette behauptet: "Es ist unfassbar. Giscards Frau lebt noch. Ich glaube, das Ganze ist schlicht das Hirngespinst eines alten Knackers."