Lita Casumlon hielt sich in den hohen Wellen ruhig. Das hat sie wohl gerettet. War das Schiff überladen?

Manila/Hamburg. Ihren Humor hatte sie trotz des Martyriums nicht verloren. Als Lita Casumlon gefragt wurde, wie sie sich fühle, antwortete sie, ihr Geld habe sie verloren und stattdessen zwei Krabben in ihrer Tasche gefunden. Trotz dieses Verlustes war die 39 Jahre alte Filipina aber überglücklich. Denn nach einem Fährunglück am vergangenen Sonntagmorgen trieb sie 30 Stunden lang im Pazifik, der vor den Philippinen nur so von Haien wimmelt.

Umspült von meterhohen Wellen und mit nichts als ihrer Schwimmweste, um sie über Wasser zu halten, wartete sie auf ihr Schicksal. Das 28 Grad warme Wasser kam ihr von Stunde zu Stunde kühler vor. Casumlon: "Es war sehr kalt, aber ich habe gebetet und gebetet, dass ich diese Qual überlebe." Wegen der Wellen verhielt sie sich wohl automatisch so, wie man es in Hai-Gewässern tun sollte: Sie blieb ruhig und strampelte nicht. Dadurch sparte sie Energie und verhinderte einen Angriff der Räuber. Diese jagen Fische und "verwechseln" Menschen gelegentlich mit ihrer Beute. Dank ihrer unbewusst richtigen Reaktion kam die Hausfrau aus Iloilo City, dem Zielort der gekenterten Fähre, mit einem Sonnenbrand und Halsschmerzen davon. Sie befindet sich auf dem Weg der Besserung. Genau wie die weiteren 958 Passagiere der "SuperFerry 9", die aus den Fluten gerettet werden konnten. Zehn Menschen überlebten das Schiffsunglück nicht, unter ihnen ist ein zwei Jahre alter Junge.

Eine weitere Frau, die am Montag noch vermisst wurde, tauchte gestern wieder auf. Sie war nach dem Untergang des Frachters schwer verletzt von einem Fischerboot gerettet worden. Nun wurde sie von einem medizinisch ausgestatteten Frachter übernommen. Die Suche geht aber weiter, da Berichte über weitere Leichen im Wasser vermuten lassen, dass sich auf dem Frachter mehr Reisende befanden, als offiziell aufgeführt wurden. Der Eigner der "SuperFerry 9", die Aboitiz Transport System Corporation, betonte allerdings, dass die Passagierkapazität von 1120 Menschen nicht überschritten worden sei. Auch seien weniger als die erlaubten 209 Container geladen gewesen.

Ermittler wollen als Unglücksursache allerdings nicht ausschließen, dass diese Ladung verrutscht ist, was dazu führte, dass der Frachter um kurz nach vier Uhr am Sonntagmorgen in Schieflage kam und langsam umkippte. Auch ein defekter Generator wurde diskutiert. Gerüchten zufolge soll das Schiff allerdings schon beim Verlassen des Hafens Schlagseite gehabt haben. Präsidentin Gloria Arroyo forderte daher eine schnelle Untersuchung der Vorfälle. Insbesondere, da die "SuperFerry 9" bereits 2006 und 2007 in diverse Zwischenfälle verwickelt war, bei denen allerdings niemand verletzt wurde. 2007 wurde den Eignern sogar kurzzeitig die Betriebserlaubnis entzogen. Auch in den kommenden Monaten wollen die Behörden die anderen Schiffe der Gesellschaft stilllegen, bis deren Seetauglichkeit überprüft wurde.

Die "SuperFerry 9" war sechs Stunden nach dem Evakuierungsbefehl des Kapitäns gesunken. Vorher konnten die Passagiere, die zum Teil in Panik ins Wasser gesprungen waren, von vorbeifahrenden Schiffen und in der Nähe stationierten Militäreinheiten gerettet werden. Lita Casumlon war 13 Kilometer vom Unglücksort abgetrieben worden. Admiral Alex Pama sprach von "einem Wunder". Sie habe großes Glück gehabt, dass sie überlebt hat.