In den Ranglisten der wirkmächtigsten Gestalten der deutschen Geschichte wird man den Namen Herta Heuwer, geborene Pöppel, nicht oft finden. Dabei ist sie, respektive ihr fleischgewordenes Lebenswerk, in aller Munde.

Nämlich nicht Hans Wurst, sondern Herta Heuwer gilt als Erfinderin der Currywurst, jener rotüberglänzten Perle teutonischer Gebrauchs-Gastronomie.

Am 4. September 1949, so verzeichnen es die Annalen der Wurst-Historie, rührte sie in ihrem Berliner Imbissstand Ecke Kant- und Kaiser-Wilhelm-Straße eine kulinarische Gemengelage aus Tomatenmark, Currypulver, Worcestersauce und allerlei weiteren Zutaten an. Und gab das Ganze über Bratwürste, die ihr fortan aus den Händen gerissen wurden. Seit 2003 erinnert daran eine Gedenktafel an historischer Stätte. Nun hatten viele Große der Geschichte ihre Rivalen und Neider. Denken wir nur an Mozart und Salieri. Im Falle Heuwer ist es die Hamburgerin Lena Brücker, die es zwar gar nicht gab, die aber nach erbitterter Beteuerung vieler Hansestädter schon 1947 die Currywurst erfunden haben soll. Der Autor Uwe Timm hat sie wunderschön in seinem Roman "Die Entdeckung der Currywurst" erfunden. Was den damaligen Innensenator und bekannten Brasilien-Reisenden Ronald Schill aber nicht daran hinderte, der fiktiven Lena Brücker ebenfalls eine Gedenktafel zu widmen - am Großneumarkt.

Apropos Berlin - wenn dort die Frage "mit oder ohne Darm" erklingt, fällt dies nicht in den Zuständigkeitsbereich der Inneren Chirurgie - es geht dann um eine regionale Variationsmöglichkeit des beliebten Bratgutes. Und wer eine Magenschleimhaut hat, mit der man einen Barhocker beziehen könnte, kann gern "extrascharf" bestellen - die Sauce mit Cayenne oder Chili gesättigt.

Einschlägige Kenntnisse vermag der Gourmet im "Deutschen Currywurst Museum Berlin" vertiefen. Zur Beruhigung sei hinzugefügt: Der Name ist leicht irreführend. Es gibt dort mehr als alte Würste zu bestaunen.

Wurde die Currywurst einstmals in der Esskultur unterer Bevölkerungsschichten verortet, so ist der Prekariats-Makel längst abgestreift. Auch auf Nadelstreifen tropft die rote Sauce inzwischen.

Wenn auch die Diktion von Herberts Grönemeyers Lied "Currywurst" - eines Kleinodes vertonter deutscher Lyrik - noch die bescheidenen Wurzeln anklingen lässt: "Bisse richtich down, brauchse wat zu kaun. Ne Currywurst." Genau. Herzlichen Glückwunsch zum 60., liebe Wurst!