Mit einer Millionenerbschaft in der Tasche zog Helmut Fritz nach Frankreich und nervt mit dem Top-Hit “Ça m'énerve“ - so die offizielle Version.

Hamburg. Helmut Fritz (34) ist wahrlich ein Glückskind. Vor elf Jahren erbte der Reinbeker und Sohn eines Bauern beziehungsweise Strickpulli-Fabrikanten respektable 300 Millionen Mark von seinem bei einem Jagdunfall verunglückten Großonkel Baron Titten von Fritz. Neureich und aller Sorgen frei wanderte er mit seiner Vespa nach Frankreich aus, um dort wie Gott zu leben.

Doch typisch deutsch, wie Fritz nun mal ist, gab es auch linksrheinisch einiges auszusetzen. Schlechte Kellner, arrogante Türsteher und die ganzen Rosé-Champagnerschlürfer der Hautevolee gingen dem ständig nörgelnden Fritz gehörig auf die Nerven, ebenso seine Privatfehde mit Geneviève de Fontenay, langjährige Veranstalterin der Miss-France-Wahlen. Und was macht dem Klischee nach ein Deutscher, wenn ihn an Frankreich etwas stört? Er marschiert ein ... in die französischen Single-Charts, die Helmut Fritz mit dem Disco-Beat-Machwerk "Ça m'énerve" ("Das nervt mich") von hinten aus bis zum ersten Platz aufrollte. Auch in Belgien und der Schweiz schaffte er es in die Top Ten.

Das stumpfe Liedchen, vorgetragen in französischer Sprache mit grauenhaftem deutschen Akzent, war aber trotz seines Erfolges kein wirklich guter Beitrag zur Völkerverständigung. Ähnlich wie die hierzulande für ihren Niveaulimbo sowohl beliebten als auch verhassten Pop-Importstars DJ Ötzi (Österreich) oder DJ BoBo (Schweiz) schwappten Fritz in seiner Wahlheimat ungezählte virtuelle und mediale Empörungswellen aus Magazinen, Blogs und Foren entgegen. Ein hässlicher Deutscher war er, ähnlich unpopulär wie der einstige DFB-Torwart Harald "Toni" Schumacher, der seinen Gegenspieler Patrick Battiston 1982 im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Frankreich umsprang, schwer verletzte und anschließend süffisant ankündigte, Battiston die Jacketkronen zu zahlen. Frankreich - schwer genervt von Fritz. Der Beginn einer wunderbaren Erbfeindschaft.

Aber: "For you Fritz ze EURO iz over" (britische Boulevard-Zeile bei der EM 1996). Denn der zurzeit durch französische Urlaubshochburgen tingelnde Helmut Fritz war und ist im Gegensatz zur auch in Frankreich erfolgreichen Magdeburger Band Tokio Hotel in Wirklichkeit kein Deutscher. Sein nerviges Lied war keine Retourkutsche für die in Deutschland nicht nur wegen ihrer Stahlhelmfrisur populäre Chanteuse Mireille Mathieu (63). Helmut Fritz ist der französische Sänger Eric Greff aus Béning-lès-Saint-Avold, das fiktive Konzept "Helmut Fritz" eine Idee des Produzenten Laurent Konrad. Der Wirbel war kalkuliert, das Resultat finanziell wohl zufriedenstellend. Der Titel steht seit Wochen an der Spitze. Das im Juni veröffentlichte Fritz-Album "En observation" blieb dagegen eher unbeobachtet.

Kleine Ungereimtheiten sind ja im Popgeschäft nichts Ungewöhnliches, da wird gern mal bei unbekannten Komponisten geklaut, mit dem Alter geschummelt (Anastacia) oder ein des Singens unfähiges Playback-Duett (Milli Vanilli) an das Mikro gestellt. Wer weiß also, welche Persönlichkeiten aus Pop und Kultur sich noch hinter falschen Nationalitäten verstecken? Horst Schlämmers "Isch kandidiere" klingt doch ziemlich französisch!