Kehrtwende kurz vor dem Geburtstag: Der legendäre britische Postzugräuber Ronnie Biggs wird nun doch begnadigt und kommt vorzeitig aus dem Gefängnis frei. Der Grund sei Biggs' schlechter Gesundheitszustand, er werde sich von seiner Krankheit wahrscheinlich nicht mehr erholen, sagte der britische Justizminister Jack Straw gestern Abend.

London. Damit ist einer der ehemals meistgesuchten Räuber des Königreichs morgen, an seinem80. Geburtstag, ein freier Mann. Er liegt derzeit jedoch sterbenskrank in einem Krankenhaus. Biggs' Verteidiger Giovanni Di Stefano sagte: "Er wird entlassen, um zu sterben."

Noch Anfang Juli hatte der Justizminister eine vorzeitige Entlassung von Biggs abgelehnt. Begründung: Er habe nie Reue für seine Tat gezeigt.

Biggs war einer der führenden Köpfe bei dem legendären Überfall auf einen Postzug von Glasgow nach London am 8. August 1963, bei dem die 15 Täter 2,6 Millionen Pfund erbeuteten. Wie die anderen Räuber wurde Biggs bald gefasst.

Wenige Monate nach seiner Verurteilung entkam er jedoch mit einer Strickleiter aus dem Gefängnis, ließ sein Gesicht operieren und setzte sich nach Brasilien ab. Nach etwa 35 Jahren auf der Flucht kehrte er aus Gesundheitsgründen 2001 in seine Heimat zurück, wo er sofort ins Gefängnis wanderte, um den Rest einer 30-jährigen Haftstrafe abzusitzen.

Derzeit liegt Biggs mit einer schweren Lungenentzündung im Krankenhaus. In den vergangenen Jahren erlitt er mehrere Schlaganfälle, er kann nicht mehr sprechen oder laufen und muss künstlich ernährt werden.

Sein Sohn Michael, der seit Jahren um eine Begnadigung seines Vaters kämpft, hatte bei der Einlieferung in die Klinik gesagt, Biggs werde nicht mehr lange zu leben haben. Die Sprecherin von Michael Biggs Sohn sagte gestern: "Er ist absolut begeistert und hofft, dass sein Vater noch seinen 80. Geburtstag erleben wird."

Die Gewerkschaft der Gefängnisbeamten kritisierte den Zeitpunkt der Entlassung. Biggs hätte schon vorher entlassen werden sollen, da er schon seit langer Zeit so schwer krank sei.