Behörden wollen den Mann heute dem Haftrichter vorführen. Polizei prüft, ob es noch weitere Täter gibt.

Wiesbaden. Die ungewöhnliche Fahndung nach einem mutmaßlichen Kinderschänder hat binnen eines Tages zum Erfolg geführt. Nachdem es immer mehr Hinweise aus der Bevölkerung gab, stellte sich der Mann gestern Abend in Sonthofen (Bayern) der Polizei. Der Verdächtige hatte wie berichtet äußerst brutal kleine Jungen missbraucht und die Aufnahmen ins Internet gestellt. Wie das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft Gießen mitteilten, soll der mutmaßliche Kinderschänder heute dem Haftrichter vorgeführt werden. Wer der Mann ist, wurde aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht mitgeteilt, weil er möglicherweise Komplizen hat. Das mit den Ermittlungen betraute Bundeskriminalamt (BKA) werde diesem Verdacht mit Nachdruck nachgehen, sagte eine Sprecherin.

Das BKA hatte sich zu dem außergewöhnlichen öffentlichen Fahndungsaufruf mit Fotos und Filmausschnitten in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ..." entschieden, nachdem die Ermittler trotz umfangreicher Videodokumente den Unbekannten nicht ausfindig machen konnten. Nach BKA-Angaben ist der Kinderschänder auf 42 Videos bei schwersten sexuellen Missbrauchshandlungen an Jungen im Alter zwischen fünf und sieben Jahren zu sehen. Dem Tatverdächtigen wird mehrfacher sexueller Kindesmissbrauch sowie die Herstellung und Verbreitung kinderpornografischer Filme im Internet vorgeworfen.

Auf einem Video wird er "Christof" oder "Christoph" genannt. Die Filme wurden nach Einschätzung der Ermittler vor allem im Jahre 2006 aufgenommen. Ein Junge wird in einem Video "Marcel" genannt und ein anderer "Pascal". Sie wurden noch nicht ausfindig gemacht. Das BKA schließt nicht aus, dass es noch mehr Opfer gibt und dass der Täter auch nach 2006 noch Kinder missbraucht hat. Die Staatsanwaltschaft in Gießen hatte für Hinweise auf den Mann eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt.

Die Fotos und Videos zeigen in guter Qualität einen 35 bis 45 Jahre alten Mann mit normaler Statur und Bauchansatz. Seine Größe schätzten die Fahnder auf 1,75 bis 1,85 Meter. Er hat dunkelblondes, kurzes Haar mit Geheimratsecken. Der Mann wendet bei den Kindern "teilweise grobe Gewalt" an, hatte das BKA in seinem Fahndungsaufruf mitgeteilt. Ob der Gesuchte der Beschreibung noch immer ähnlich sieht, wurde nicht bekannt. Die Zimmer, in denen die Videos gefilmt wurden, haben unter anderem eine Tapete mit Dinosauriern und präparierte Hirschköpfe als Wandschmuck. Außerdem sind ein Modellsegelschiff in einem Wandregal und eine lebensgroße Clownsfigur zu sehen. Die Polizei hat die Zimmer bisher offenbar noch nicht gefunden.

Wie Hübner erklärte, wurden 40 Videos den Ermittlern von einem Zeitungsjournalisten zugespielt, zwei Aufnahmen wurden auf einem Computer nach einer Durchsuchung gefunden. Die Filme wurden offensichtlich von Norwegen aus ins Netz gestellt und in geschlossenen Netzwerken verbreitet. Für die Annahme, dass der Täter Mitglied eines Kinderschänderrings sein könnte, gab es gestern zwar keine Beweise. Die Ermittler schlossen das aber offenbar nicht mehr aus.

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