An diesem Sonnabend um 18 Uhr vollzieht sich in Gelsenkirchen schier Unglaubliches: Zwölf A- bis C-Prominente laufen mit zwölf Freizeitkickern gegen den großen FC Bayern München auf - und fast 50 000 Menschen wollen in der Veltins-Arena dabei sein.

Gelsenkirchen. Nicht nur das: TV-Sender Sat.1 überträgt ab 17.30 Uhr live, der mit fünf Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen rechnet.

Der Hintergrund dieses Spektakels: Im Dezember offerierte Jürgen Klinsmann, damals noch hoffnungsvoller Übungsleiter des deutschen Rekordmeisters, in der ZDF-Spendengala für "Ein Herz für Kinder" ein beinahe unmoralisches Angebot: "Wer uns ersteigert, bekommt uns für einen Tag." Klinsmann ist zwar längst Geschichte - aber der Deal klappte dennoch. Die Fitness-Kette McFit ließ sich nicht lange bitten und zahlt eine Million Euro für den Zuschlag, der Erlös des Ticketverkaufs geht an die Hilfsorganisation. Ein medienwirksames Zugpferd für die Veranstaltung war mit Oliver Pocher ebenfalls schnell gefunden.

Der Comedian durfte sich in seiner Castingshow "Sportfreunde Pocher - Alle gegen die Bayern!" mithilfe des früheren XXL-Managers Reiner Calmund und Trainerlegende Werner Lorant sein Allstar-Team zusammenstellen. Neben Moderator Johannes B. Kerner, Sänger Bushido oder Schwimmer Stev Theloke gehören auch viele ehemalige Fußball-Legenden wie Thomas Häßler, Lothar Matthäus und Mario Basler zum "Kompetenzteam". Für Hamburg geht Oberliga-Kicker Danijel Peric, der bauchmuskelbepackte Wettkönig von Thomas Gottschalks "Wetten, dass..?", an den Start. "Wir werden den Bayern nicht den Gefallen tun, sie zu unterschätzen", übte sich Pocher in seinen üblichen Späßen, "sie werden definitiv nicht unbedingt garantiert gegen uns gewinnen." Bei der Besetzung des Gegners wirkt die Ankündigung von Kapitän Mark van Bommel allerdings eher grotesk, das spaßige Showkicken seriös angehen zu wollen.

Dass sich die Gralshüter des reinen Wettkampfsports mit Grausen abwenden und das immer weitere Abdriften in den Unterhaltungs-Kommerz beklagen - sei's drum. Erlaubt ist heutzutage eben, was gefällt, die Massen anzieht - und dem guten Zweck dient. Wer bis zu 21 Euro zahlt, darf sich darauf freuen, dass die TV-Streifenpolizisten "Toto & Harry" im Strafraum ihre Gegner verhaften, Wladimir Klitschko bei Bedarf zum Faustball übergeht oder DSDS-Sieger Alexander Klaws zum Super-Foul ansetzt. Für Manager Uli Hoeneß wird es ebenfalls ein schöner Tag: Wie sonst sollte er es schaffen, dass seinen Bayern in Schalker "Feindesland" applaudiert wird?

Dabei haben Wohltätigkeitsspiele der Münchner schon Tradition - auch in Hamburg. Als der FC St. Pauli 2003 vor dem finanziellen Ruin stand, kam Hoeneß mit seiner Mannschaft zum Freundschaftsspiel ins Millerntorstadion und ersteigerte für 1500 Euro ein "Retter"-T-Shirt. 2001 spielten die Bayern ohne Antrittsgage im Volkspark beim Abschiedsspiel für HSV-Stürmer Karsten Bäron. Und wer weiß: Womöglich wird der neue Bayern-Trainer Louis van Gaal ja seinen Vorgänger noch lobpreisen, schließlich muss seine Truppe in einer Woche im DFB-Pokal gegen die SpVgg Neckarelz antreten, vergangene Saison Vierter der Verbandsliga Baden. Wenn da die Partie gegen Pochers Auswahl keine ideale Vorbereitung ist ...

Und wenn einige Wünsche für ein ganz sicher erwogenes Rückspiel erlaubt sind: In der Verteidigung sollte dann Dieter Bohlen stehen (wenn er anfängt zu singen, rennen alle weg), im Angriff könnte Sarah Connor die Herzen der Männer im Sturm erobern und bei Bedarf auch die Nationalhymne textsicher schmettern. Im Tor der Pocher-Truppe müsste schließlich Jürgen Klinsmann stehen. Irgendwie muss der Trainer a. D. ja dafür "büßen", dass er solch ein Lustspiel initiiert hat.