In einem Bach fand die tapfere Französin Wasser. Zu essen hatte sie nur einen kleinen Imbiss.

Paris. Ein rotes T-Shirt hat sie gerettet: Eine 61 Jahre alte Französin hat elf Tage ohne Essen in einer tiefen Schlucht in den Pyrenäen überlebt. "Das ist ein echter Rekord!", meinte ein spanischer Rettungshelfer. Thérèse Bordais liegt derzeit in einem Krankenhaus im spanischen Huesca und kann ihr Glück noch nicht fassen. Sie ist erschöpft und abgemagert, aber kann schon wieder lächeln. Dass ein Hubschrauber sie letztlich gefunden hat, erscheint der Frau wie ein Wunder.

Tagelang hatten die Rettungshelfer in der schluchtenreichen Berglandschaft nach der vermissten Wanderin gesucht - bis sie schließlich das rote T-Shirt entdeckten, das Thérèse Bordais zu diesem Zweck auf dem Boden ausgebreitet hatte. Französische und spanische Medien berichteten am Freitag ausgiebig über ihr unglaubliches Abenteuer.

"Ich habe einen Fehler gemacht, ich hätte die Gruppe nie verlassen sollen", sagte Thérèse Bordais der Zeitung "Télégramme". Die aus der Bretagne stammende Französin war gemeinsam mit ihrem Mann Marcel in einer Wandergruppe im spanischen Nationalpark Ordesa unterwegs. Als die Wanderer an einer Stelle nicht mehr weiter wussten und vergeblich nach Markierungen suchten, ging die 61-Jährige allein voraus. Kurz darauf war sie verschwunden. Ihr Mann und die übrigen Wanderer schrien und pfiffen stundenlang vergeblich. Schließlich alarmierten sie die spanische Bergwacht. Ihr Mobiltelefon hatte ihr Mann in der Tasche. Es gab dort aber ohnehin kein Netz.

Die erfahrene Wanderin hatte sich unterdessen verlaufen und war in eine Schlucht abgerutscht, aus der sie allein nicht mehr herauskam. Der Bergbach, den sie dort fand, rettete ihr das Leben - bis auf einen Imbiss hatte sie keinerlei Lebensmittel dabei. "Ich habe das Wasser mit einem Papiertaschentuch gefiltert, um keinen Durchfall zu bekommen", berichtete sie später. "Außerdem habe ich jeden Morgen meine Kleidung ausgebreitet, damit die Hubschrauber mich finden", fügte die Frau hinzu.

Die Hubschrauber ließen nicht lang auf sich warten, aber anfangs flogen sie viel zu hoch, um die Vermisste unten in der Schlucht zu entdecken. "Wenn der Hubschrauber wieder abgedreht ist, habe ich immer ein bisschen Hoffnung verloren", erzählte sie. Tagelang habe sie es nicht geschafft, auf sich aufmerksam zu machen.

Ihr Mann reiste verzweifelt zurück in die Bretagne und machte sich auf das Schlimmste gefasst. "Ich habe nicht mehr an einen guten Ausgang geglaubt", sagte er der Zeitung "Le Parisien". Doch dann kam der erlösende Anruf: "Ihre Frau ist gefunden, sie ist bei guter Gesundheit", teilte ihm der französische Konsul in Spanien mit. "Was für eine Freude! Thérèse ist eine starke Frau, aber was sie in den vergangenen Tagen durchgemacht hat, haut mich wirklich um", sagte er.

Das Wandern wollen die beiden Bretonen nicht aufgeben, aber auf Gebirgstouren werden sie vorerst verzichten. Die französische Bergwacht lobte Thérèses Umsicht, das rote T-Shirt als Signal benutzt zu haben. Sie empfiehlt Wanderern, eine Rettungsfolie in den Rucksack zu packen - die wiegt nicht viel und gibt in der Sonne Reflexe ab, die von Hubschraubern leicht entdeckt werden können.