Ein deutsches Paar hat in einer Pizzeria im italienischen Aosta-Tal drei kleine Kinder zurückgelassen und ist verschwunden. Die Polizei fahndet fieberhaft nach der 26-jährigen Mutter und ihrem 24-jährigen Freund. Der Mann sollte noch bis 2011 eine Haftstrafe absitzen. Inzwischen wird aber auch ein Selbstmord des Paares nicht mehr ausgeschlossen. Deshalb suchen Rettungskräfte die Alpenflüsse in der Nähe ab.

Aosta/Siegen. "Wir können eine Tragödie nicht ausschließen", erklärte der leitende Polizist Alessandro Carmeli in Aosta. Ein Selbstmord sei aber nur eine der Richtungen, in die derzeit ermittelt werde. Gegen die beiden werde auch wegen Aussetzung Minderjähriger ermittelt.

Nach Sascha Sch. wurde bereits zuvor in Deutschland gefahndet, wie der Siegener Oberstaatsanwalt Johannes Daheim am Mittwochabend bestätigte. Der aus Bad Laasphe in Nordrhein-Westfalen stammende 24-jährige soll eigentlich noch bis 2011 eine Haftstrafe wegen räuberischer Erpressung und anderer Delikte absitzen, wie das "Westfalen-Blatt" schreibt. Am 2. April sei er von einen zweitägigen Urlaub nicht in den offenen Vollzug nach Oelde (Kreis Warendorf) zurückgekehrt. Der Mann sei ledig und kinderlos.

Video: Deutsches Paar setzt Kinder in Italien aus.

Hier geht's zum Videoportal

Die drei Kinder, die aus einer früheren Beziehung der Frau stammen, wurden am Sonntag in einer Pizzeria alleingelassen. Die Fünf hätten zu Abend gegessen, danach seien der Mann und die Frau nach draußen gegangen, um eine Zigarette zu rauchen. Sie seien aber nicht wieder zurückgekehrt, sagte ein Polizeisprecher. Die Deutschen schienen arm zu sein, die Kinder wirkten verwahrlost, seien aber gesund.

Bei den Kindern handelt es sich nach Angaben der deutschen Justiz um ein vierjähriges Mädchen sowie zwei Jungen, einer sechs Jahre alt, der andere jünger als ein Jahr. "Die zwei älteren Kinder wussten von nichts", sagte Pizzeria-Besitzer Carmelo Casella dem Fernsehsender RAI. "Sie glauben, ihre Mutter ist zur Toilette gegangen und hat nicht den Weg zurück gefunden."

Das Auto des Paares wurde dem Fernsehbericht zufolge später am Stadtrand von Aosta gefunden. Während die Polizei im In- und Ausland nach dem Paar fahndet, kümmert sich jetzt der Sozialdienst um die Kinder.

Ein Mitarbeiter des Jugendamts Olpe soll am Donnerstag nach Italien reisen und die Kinder am Freitag nach Deutschland zurückbringen, wie Hans-Werner Voß, Sprecher des Kreises Olpe, in der ARD-Sendung "Brisant" erklärte. Polizeisprecher Carmeli sagte, im Auto sei ein Tagebuch der Frau gefunden worden, in dem Einzelheiten zu ihren finanziellen Problemen genannt worden seien. Die Behörden seien inzwischen in Kontakt mit einer Großmutter der Kinder in Deutschland, in deren Obhut die Kinder vielleicht gegeben würden.

Die aus dem Kreis Olpe stammenden Eltern der Kinder haben unterdessen das Sorgerecht entzogen bekommen. Die Sprecherin des Landgerichts Siegen in Nordrhein-Westfalen, Susanne Kuschmann, teilte der Nachrichtenagentur AP auf Anfrage mit, das Jugendamt des Kreises Olpe habe den Entzug des Sorgerechts bereits am Dienstag vor dem Amtsgericht Lennestadt erwirkt.

Die Staatsanwaltschaft Siegen prüft, ob eine Straftat vorliegt. Bislang habe die Staatsanwaltschaft noch keinen Kontakt mit den italienischen Behörden aufgenommen. Oberstaatsanwalt Daheim bestätigte, dass der leibliche Vater der Kinder im Jahr 2007 zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, weil er ein weiteres Kind zu Tode geschüttelt habe. Nähere Details wollte er nicht nennen, weil der Fall des Mannes nicht in direktem Zusammenhang mit den Vorgängen in Italien stehe.