Sie waren mit Tüten voller neuer Töpfe schon fast zu Hause, als einer die qualmende Bordtoilette öffnete - und plötzlich eine Feuerwalze 20...

Hannover. Sie waren mit Tüten voller neuer Töpfe schon fast zu Hause, als einer die qualmende Bordtoilette öffnete - und plötzlich eine Feuerwalze 20 Fahrgäste qualvoll verbrennen ließ.

Jetzt, zwei Tage nach der Reisebus-Katastrophe auf der A 2, steht fest: Unter den Toten ist auch ein Mädchen (13), das mit seinen Eltern auf der Kaffeefahrt im Münsterland war. Bei den übrigen Opfern handelt es sich um 13 Frauen im Alter von 43 bis 80 Jahren und sechs Männer (46 bis 80). Noch kämpfen drei der 13 Verletzten (46 bis 65) mit furchtbaren Verbrennungen um ihr Leben. Sechs der acht leicht verletzten Fahrgäste sind mittlerweile aus den Krankenhäusern entlassen worden.

Eine von ihnen, Hildegard K. (77), sagt leise: "Wir sind durch die Hölle gegangen." Die grauhaarige Rentnerin aus Hannover-Misburg gehört zu den wenigen, die in letzter Sekunde aus dem brennenden Bus fliehen konnten. Zusammen mit ihrem Mann Johann (73) saß sie fast ganz vorne im Bus - das rettete ihr das Leben. Hildegard K.: "Mir geht es nicht so gut. Ich bin im Moment überfordert. Ich möchte zur Ruhe kommen." Seelsorger und Psychologen stehen ihr zur Seite. "Ich werde betreut. Wir haben das im Griff", seufzt sie.

In der Misburger St.-Johannes- Kirche liegt ein Kondolenzbuch aus, erst ein einziger Mann hat sich dort eingetragen. In der zentralen Marktkirche in Hannover wollten am Abend Betroffene zusammenkommen, um gemeinsam zu beten und zu trauern - darunter auch Landesbischöfin Margot Käßmann. Sie sagt: "Es ist entsetzlich, den Gedanken auszuhalten, dass Menschen nicht fliehen konnten, innerhalb von Minuten verbrannt sind."

An der Medizinischen Hochschule Hannover wirkt der Leiter der Verbrennungsmedizin, Professor Hans-Oliver Rennekampff, gelöster als noch am Vortag. Auf seiner Station liegen die drei Schwerstverletzten im künstlichen Koma. Ihr Zustand sei "kritisch, aber stabil." Wie der Schwelbrand in der Bordtoilette ausbrechen konnte, ob es eine glimmende Zigarette oder ein Kurzschluss war, ist immer noch unklar. Der internationale Busverband RDA fordert Rauchmelder und verbindliche Passagierlisten für Reisebusse.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen unbekannt, hat bisher aber keine Hinweise auf vorsätzliche Brandstiftung. Auch dem Busfahrer (51) macht die Polizei keine Vorwürfe. Im Gegenteil: Er hatte bis zuletzt Menschen aus dem brennenden Wrack geschleppt. Jetzt wird auch er psychologisch behandelt.