Unter dem Jubel der Nation ist der 28-jährige Jigme Khesar Namgyel Wangchuck am Donnerstag zum fünften „Drachenkönig“ (Druk Gyalpo) von Bhutan gekrönt worden. Er ist damit zugleich das jüngste Staatsoberhaupt der Welt.

Bei einer feierlichen Zeremonie in Thimphu, der Hauptstadt des Himalaya-Staates, übernahm der Oxford-Absolvent Jigme Khesar die Krone von seinem Vater, Jigme Singye Wangchuck. Astrologen hatten den 6. November 2008 - nach bhutanischer Zeitrechnung der achte Tag des neunten Monats im Jahr der erdenen männlichen Ratte - als glückverheißendes Krönungsdatum bestimmt. Buthan ist die letzte Monarchie Südasiens.

Jigme Khesar amtiert bereits seit Ende 2006, als sein im Volk überaus beliebter Vater im Alter von erst 51 Jahren überraschend abdankte. Der neue König, der sich klar zu dem von seinem Vater begonnenen Demokratisierungsprozess bekannt hat, wollte sich am Freitag in einer Rede an die Nation wenden. Die Krönungszeremonie am Donnerstag fand bei strahlendem Sonnenschein im Tashichho Dzong statt, einer früheren buddhistischen Festung in Thimphu, die als Regierungssitz dient. Jigme Singye setzte seinem Sohn die sogenannte Rabenkrone auf, anschließend nahm Jigme Khesar auf dem Goldenen Thron Platz. Gebete, Rituale und traditionelle Tänze umrahmten die Feierlichkeiten, für die sich das weitgehend abgeschottete Land so stark wie nie für ausländische Besucher öffnete.

Vor dem Tashichho Dzong bildeten sich am frühen Morgen lange Schlangen. Tausende Bhutaner, manche von ihnen waren Tage lang aus entlegenen Bergregionen angereist, wollten den neuen König ehren und ihm traditionsgemäß einen Schal überreichen, der Glück bringen soll. Wegen Überfüllung musste die Polizei, die über Megafon um Verständnis bat, zahlreiche enttäuschte Anhänger des Königs abweisen. Die landesweiten Feierlichkeiten zur Krönung Jigme Khesars dauern drei Tage. Ehrengast am Donnerstag war die indische Präsidentin Pratibha Patil. Auf Einladung Bhutans vertrat der deutsche Botschafter in Indien, Bernd Mützelburg, die Bundesrepublik.

Bhutan hat etwa die Größe der Schweiz, aber nur knapp 700 000 Einwohner. Das von der Außenwelt weitgehend abgeschottete Land liegt zwischen Indien und China. Es ist eine konstitutionelle Monarchie und die jüngste Demokratie der Welt. Im vergangenen März fanden dort erstmals Parlamentswahlen statt. Die Regierungs- wie die Oppositionspartei sind monarchie-freundlich. Eine Diskussion über ein Ende der im Volk beliebten Monarchie gibt es nicht.

Jigme Singye wurde 1974 zum König gekrönt und führte sein Volk behutsam an die Demokratie heran. Er ließ eine Verfassung erarbeiten und im Volk diskutieren, die eine parlamentarische Demokratie vorsieht und die Macht des Königs beschränkt. Unter Jigme Singyes Regentschaft hat das buddhistische Land große wirtschaftliche und soziale Fortschritte gemacht. Sein Sohn Jigme Khesar hat im britischen Oxford und in den USA studiert und eine militärische Ausbildung in Indien absolviert.

Die Wangchuck-Dynastie herrscht erst seit etwas mehr als 100 Jahren in Bhutan. In der Landessprache Dzonghka heißt Bhutan Druk Yul, Land des Donnerdrachens. Seit im Frühjahr die Monarchie im benachbarten Nepal abgeschafft wurde, ist Bhutan das letzte verbliebene Königreich in Südasien.