Drama im ewigen Eis: Statt Schnee fällt immer öfter Regen, gegen den das Gefieder der Vögel keinen Schutz bietet.

London. Jon Bowermasters letzte Pol-Expedition war seine wohl feuchteste - und traurigste. Die Westseite der Antarktis wurde von sturzflutartigen Regenstürmen heimgesucht, die fünf Tage andauerten. Jeden Morgen, wenn der US-Forscher vor seine Behausung trat, bot sich ihm das gleiche tragische Bild: Hunderte Adeliepinguin-Babys, die tagsüber durchnässt vor Kälte gezittert hatten, waren über Nacht erfroren. "Es ist eine Sache, über die schmelzenden Eiskappen zu diskutieren", sagt er. "Aber zu beobachten, wie Pinguine um die Skelette ihrer Jungen laufen, ist der gewaltigste Beweis des Klimawechsels, den ich je gesehen habe."

Wissenschaftler schätzen, dass die Zahl der Adeliepinguine bereits um bis zu 80 Prozent gefallen ist. Sollten sich die schweren Regenfälle fortsetzen, könnte die Art in zehn Jahren ausgestorben sein. Die Temperatur in der Antarktis ist in den vergangenen 50 Jahren um drei Grad auf durchschnittlich minus 14,7 Grad gestiegen, und Regen ist nun üblicher als Schnee. Bei ihrer Geburt sind die Pinguine nur mit einer dünnen Daunenschicht bedeckt. Es dauert 40 Tage, bis das wasserabweisende, schützende Federkleid nachwächst. Die Eltern versuchen ihre Jungen mit dem eigenen Leib vor den Regenstürmen zu schützen. Doch wenn sie fischen gehen oder von natürlichen Feinden wie Seehunden gefressen werden, werden die Babys bis auf die Haut durchnässt und sterben an Unterkühlung. Einem Schneesturm ist das Daunenkleid der Pinguinjungen gewachsen. Regen jedoch können sie nicht verkraften. "Es ist, als würde man eine nasse Daunenjacke tragen." Das Erfrieren der Pinguinbabys ist nur ein Beispiel, wie menschliche Aktivität zwei Drittel aller Pinguinarten bedroht, schreibt die Biologieprofessorin Dee Boersma von der Universität Washington in einem Report, der in der Fachzeitschrift "BioScience" veröffentlicht wurde. Auf Galapagos sank eine Kolonie von 10 000 (1970) auf 2500 Vögel. Der Grund: Das El-Niño-Wetterphänomen - vermutlich eine Folge der Erderwärmung - vertreibt ihre Beute in tiefere Gewässer, die Pinguine verhungern. Auf südafrikanischen Inseln, wo Pinguine ihre Nester in Hügel aus Seevogelkot graben, ist die Zahl der Tiere von 1,5 Millionen auf 63 000 Brutpaare gesunken - die Menschen düngen mit dem Kot ihre Felder. In der Antarktis sind auch die Kaiserpinguine in Gefahr: Durch die Erderwärmung verschwindet das Eis, was die Brutzeit der Tiere durcheinanderbringt. Boersma war im Dezember 2006 in die östliche Antarktis gereist - weniger als zwei Jahre, nachdem dort die Erfolgsdokumentation "Marsch der Pinguine" gedreht wurde.

Die Kolonie war 60 Kilometer weiter nach Norden auf festeres Eis gezogen. Doch ein Sturm brach das Eis, die Tiere wurden ins Wasser gezwungen. "Ich sah keine Eisschollen und weniger als ein Dutzend Eisberge. Es war schockierend", sagt sie.

"Es ist unmöglich, dass der Nachwuchs überlebt hat. Kaiserpinguin-Junge ähneln den Adeliepinguinen - ihr Daunenkleid ist nicht wasserdicht, sie könnten in der kalten See nicht überleben. Diese Pinguine sind Warnzeichen, die uns vor Augen führen, wie sehr sich das Weltklima verändert."