Das Bild nahm einen wundersamen Weg von den Nazis nach Russland und zurück nach Brandenburg.

London. Irene Beran muss eine stolze, eigenwillige Frau gewesen sein. Ihr eindrucksvolles Porträt aus dem Jahr 1921 zeigt sie in geradezu arroganter Pose, gehüllt in einen pelzverbrämten Mantel, die Finger einer Hand krallenartig gespreizt wie bei einer Raubkatze.

Die schöne Schwägerin des Malers Bruno Beran (1888-1979) hatte dessen berühmtem Künstlerkollegen, Freund und Lehrer Hugo von Habermann (1849-1929) Modell gesessen. Beran hatte zunächst ein Porträt von Habermann gemalt, und der revanchierte sich bei seinem Schüler auf eine besonders schöne Weise.

Vielleicht hatte Habermann - Präsident der Münchner Sezession und Akademie-Professor an der Isar - auch gespürt, dass Bruno Beran seiner Schwägerin besonders zugetan war. Das Bild hing viele Jahre prominent im Hause der jüdischen Familie im tschechischen Brünn - als Teil einer wertvollen Kunstsammlung der Familie Beran. Besonders Irenas Sohn Rudolf liebte das Gemälde seiner stolzen Mutter.

Im Jahr 1942 enteigneten jedoch die Nazis die Familie und machten ihr Haus kurzerhand zum Hauptquartier der deutschen Besatzer in Brünn. Sämtliche Kunstschätze wurden abtransportiert und verschwanden - darunter auch Irenas Porträt. Ihr Ehemann Phillip wurde von den Nazi-Schergen in ein Konzentrationslager verschleppt, wo er elendig umkam. Irene selber, Sohn Rudolf und Schwager Bruno waren rechtzeitig nach England geflohen und überlebten dort den Holocaust.

Irene Beran, die ihren geliebten Schwager Bruno später heiratete, starb 1979 und hat ihr Porträt niemals wiedergesehen. Sie konnte nicht ahnen, dass es die ganzen turbulenten Kriegs- und Nachkriegsjahre überdauert und inzwischen mehrfach den Besitzer gewechselt hatte.

1948 wurde es von der Sowjetischen Militäradministration auf einem Transport in den Westen beschlagnahmt; gelangte irgendwann in den Besitz der Brandenburgischen Landesregierung und schließlich in die Hände der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG). Dort landete es zusammen mit vielen anderen Objekten im Depot. Und wurde zufällig von einem Habermann-Verehrer dort entdeckt.

Seit 2003 untersucht die Stiftung ihre Bestände systematisch auf von den Nazis enteignete Kunstgüter. Und wurde nun auf das Gemälde der Irene Beran aufmerksam. Zwei Jahre lang kämpften sich Kunstexperten durch das Geflecht aus Enteignungen, Verkäufen und Eigentumsübertragungen. Doch nun wird das Porträt der Irene Beran an den rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben - ihren Sohn Rudolf Beran, der noch immer am Leben ist. Eine fast 66 Jahre währende Odyssee findet damit ihr glückliches Ende. Wie der "Daily Telegraph" berichtete, ist der in Birmingham wohnende ehemalige Lampenhändler überwältigt: "Noch einmal, nun mit 94 Jahren, werde ich das Vergnügen haben, das Bild meiner Mutter über den Kamin zu hängen." Sein Sohn Max nahm es jetzt entgegen.