Touristen unter Schock. Ein deutscher Urlauber: “Es sah aus wie der Einsturz der Twin Towers in New York.“ Klimawandel schuld?

Bozen. Angst und Schrecken in Südtirol. In einem Urlaubsgebiet der Sextener Dolomiten ist ein Teil der Spitze des Einserkofels (2698 Meter) abgebrochen und in einer gewaltigen Lawine ins Tal gestürzt.

Eine riesige Staubwolke erschwerte die Arbeit von Feuerwehr und Bergwacht. In einem Großeinsatz wurden dennoch sofort 30 Urlauber unverletzt gerettet. Ein deutscher Bergwanderer, dem der Schreck noch in den Gliedern steckt, sagt: "Es sah aus wie der Einsturz der Twin Towers in New York". Ein 100 Meter hoher, 30 Meter breiter und 20 Meter tiefer Bergrücken war am Freitagvormittag ins Tal gestürzt. Riesige Gesteinsbrocken begruben weite Teile eines Parkplatzes unter sich. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Der Bozener Feuerwehrsprecher Friedrich Visentainer: "Der Steinbruch hat sich in einem isolierten Teil des Tals ereignet." Die Polizei überprüfte geparkte Autos mit deutschen Kennzeichen, um sicherzustellen, dass deren Besitzer nicht vermisst würden.

War es eine Folge des Klimawandels? Das versuchen die Experten derzeit noch zu klären. Fest steht: "Der Bergrutsch hat im Vergleich zu ähnlichen Phänomenen, die sich ständig in den Dolomiten ereignen, absolut außergewöhnliche Ausmaße", sagt Ludwig Nössing vom Bozener Amt für Geologie. Noch seien die Ursachen für den Absturz unklar. Die Dolomiten bestehen aus porösem Kalkstein. Möglicherweise wurde die Lawine durch eingesickertes Wasser ausgelöst, das gefror und den Felsen von innen regelrecht sprengte. Dies ist wegen des Klimawandels in immer mehr Hochlagen der Fall, wo bisher nur Eis und Schnee, aber wegen der Kälte kein flüssiges Wasser vorkam, das ins Gestein eindringen konnte. In den vergangenen Tagen hatte es starke Temperaturschwankungen in dem Gebiet gegeben. Der Einser liegt im Fischleintal und gehört mit Neuner, Zehner, Elferkofel und Zwölferkofel zur "Sextener Sonnenuhr". Die Landschaft zieht auch prominente Urlauber wie Bundeskanzlerin Angela Merkel an.

Schon morgens um neun Uhr waren den Hüttenbetreibern kleinere Steinabbrüche aufgefallen. Franz Tschurtschenthaler von der Fischleinbodenhütte riet seinen Gästen daraufhin, nur bis zum Talschluss zu gehen. Der Hüttenwirt: "Gegen 10 Uhr hat es dann einen großen Tuscher gemacht. Dann kam der Staubnebel." Er hat mit seiner Warnung möglicherweise mehreren Bergwanderern das Leben gerettet.

Erdrutsche in den Dolomiten sind jedoch keine Seltenheit. So lösten sich erst im Sommer 2006 rund 100 Kubikmeter Felsgestein vom Zwischenkofel. Im Sommer 2004 war in Cortina d'Ampezzo ein 50 Meter hoher Fels abgebrochen, der zur berühmten Bergformation der "Fünf Türme" bei Cortina gehörte.