Katastrophe am Mayon auf den Philippinen. Die Behörden befürchten, dass sie 500 Menschenleben gekostet hat.

Cagsawa/Manila. Vor dem Dorfhaus von Daraga sind sie aufgereiht: Dutzende Tote, die der gewaltigen Schlamm- und Geröllwelle am Vulkan Mayon auf den Philippinen nicht entkommen konnten. Verwesungsgeruch liegt in der Luft, hier und in sieben weiteren Dörfern, über die das Unglück in der Nacht urplötzlich hereinbrach. Bis zu 500 Todesopfer werden befürchtet.

Joyada Redoblado war mitten drin, im Dorf Cagsawa. Erst regnete es, dann stürmte es, dann schwoll der Wasserstrom auf den Straßen an und Schlamm und Geröll rauschten vorbei. Und dann kam der verdächtige Schwefelgeruch. "Wie vor ein paar Monaten, als der Vulkan ausbrach", sagte der College-Schüler. "Wir rannten rüber zu den Nachbarn, weil die ein Haus aus Beton mit zwei Stockwerken haben, und dann haben wir nur noch gebetet."

Jetzt sitzt er vor dem Haus seiner Tante. Meterhoch steckt es im zähen Schlamm. Von ihr und ihren Kindern fehlt jede Spur. "Ich glaube nicht, dass sie überlebt haben", sagt Redoblado. "Aber ich will sie trotzdem nochmal sehen."

Das Dorf ist völlig zerstört. Schwarze Vulkanasche, durch den Regen zu dickem Matsch geworden, liegt wie eine bleierne Decke über allem. An den Straßen liegen in Reihen die wenigen, die tot geborgen wurden. Sie sollen eigentlich zur Identifizierung aufbewahrt werden, doch fürchten die Behörden Krankheiten. "Wir können nicht warten, bis die Angehörigen die Leichen identifiziert haben", sagt der Bürgermeister der nahe gelegenen Stadt Legazpi, Noel Rosal. Also wurden die ersten Massenbegräbnisse vorbereitet, zum Leid derer, die unbedingt Abschied nehmen wollen, um den Seelenfrieden herzustellen.

In Daraga hört man das Jammern der Überlebenden, doch Apolinario Mabini (35) hat kaum noch Worte. Stumm sitzt er vor dem Dorfhaus. Seine achtjährige Tochter ist nicht unter den Toten, die hierher gebracht wurden. "Ich konnte sie nicht mehr halten, als die Schlammlawine unser Haus wegriss", sagt er. "Ich glaube, ich sehe sie nie wieder. Aber ich will sie doch wenigstens richtig beerdigen", sagt der verzweifelte Vater fassungslos. Er hat bislang auch nichts von mehreren Cousins und seinen Nachbarn gehört.