Prozeß: Acht Monate Gefängnis auf Bewährung für TV-Star. “Camper“ verliert auch Werbevertrag für Würstchen - und macht eine Therapie.

Bochum. "Auf unserer Bühne sind Sie noch einmal der Hauptdarsteller gewesen", sagte der Vorsitzende Richter Johannes Kirfel am Ende des Sex-Prozesses zum Angeklagten Willi Thomczyk (51).

Doch das Urteil dürfte dem Star der TV-Serie "Die Camper" (RTL) nicht gefallen haben: Wegen sexueller Nötigung einer 19jährigen und Nötigung einer 16jährigen verurteilte ihn das Landgericht Bochum zu acht Monaten Gefängnis auf Bewährung und zur Zahlung von 10 000 Euro.

Thomczyk nahm das sogar nach Ansicht des Gerichts "sehr milde" Urteil an. Die Staatsanwaltschaft verzichtete ebenfalls auf Rechtsmittel. Dabei hatte der Schauspieler und Werbestar ("Bruzzler - das is 'ne Wurst!") am Anfang des Prozesses alle Anschuldigungen noch als absurd bezeichnet und sich als Opfer einer Kampagne dargestellt. Kurz vor Schluß legte er überraschend ein Teilgeständnis ab. Demnach hatte er 2001 eine damals 19 Jahre alte Schauspielschülerin bei einem Vorstellungsgespräch in seiner Wohnung massiv belästigt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, daß der Schauspieler die junge Frau auf der Couch bedrängte, während sie sich heftig wehrte.

Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Als Bewährungsauflage verurteilten die Richter den TV-Star zur Zahlung von 10 000 Euro - jeweils zur Hälfte an das heute 23 Jahre alte Opfer (als Schmerzensgeld) und an ein Kinderheim in Herne. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert. Außerdem wurde der Leiter des Jugendtheaters Kohlenpott wegen Nötigung einer damals 16 Jahre alten Schauspielschülerin verurteilt. Er hatte sie nach Überzeugung des Gerichts mit Wodka betrunken gemacht und ihren Kopf in Richtung seines Schoßes gedrückt. Richter Kirfel: Thom-czyk habe als Theaterlehrer Verantwortung für junge Menschen gehabt und seine Position zu Übergriffen ausgenutzt. Er habe die Gegenwehr sehr wohl bemerkt. "Und darüber durften Sie sich nicht hinwegsetzen, auch wenn Sie der große Regisseur sind." Die 19jährige habe sich gewehrt und mehrmals nein gesagt. "Sie hatte aber keine Chance auf Grund der ungleichen Kräfteverhältnisse", sagte Kirfel.

Der Vorwurf einer Vergewaltigung habe sich jedoch nicht aufrechterhalten lassen. Ursprünglich hatte es gegen den Star noch vier weitere Anklagepunkte gegeben, die aber auf Antrag der Staatsanwaltschaft fallengelassen wurden. Thomczyk war vorgeworfen worden, zwischen Herbst 2001 und Frühjahr 2002 vier teilweise erst 13 und 14 Jahre alte Schauspielschülerinnen verbal belästigt oder unsittlich berührt zu haben. Diese Vorfälle wären jedoch verjährt gewesen. Das Gericht hielt Thomczyk zugute, mit seiner Aussage, wenn auch spät, noch Größe gezeigt zu haben. Offenbar sei er von der Verhandlung gehetzt und zermürbt gewesen. Kirfel: "Gegen die Wahrheit hat man letztlich keine Chance als Angeklagter."

RTL beendete nach dem Urteil die Zusammenarbeit mit Thomczyk. Ob die bereits abgedrehte neunte Staffel der Serie "Die Camper" wie geplant 2006 ausgestrahlt wird, soll bis Ende dieses Jahres entschieden werden. Auch seinen Werbevertrag für Grillwürstchen ist er los.

Eine Wiesenhof-Sprecherin sagte gestern: "Mit dem heutigen Urteil steht fest, daß die Zusammenarbeit mit Herrn Thomczyk nicht weiter fortgesetzt wird." Er warb seit rund drei Jahren für die Geflügelprodukte. Wiesenhof zufolge wurden die TV-Spots mit dem RTL-Star schon im April aus dem Programm genommen.

Thomczyk wehrte sich in seinem Schlußwort vor Gericht dagegen, als "menschenverachtend" und "frauenfeindlich" bezeichnet zu werden. "Ich habe gesündigt, ja." Dennoch wolle er sich nicht als "Dämon" darstellen lassen, sagte er. Er werde jetzt die Theaterarbeit mit Jugendlichen aufgeben und sich einer Sexualtherapie unterziehen.