Eine Prostituierte lockte Erich Kunder in eine tödliche Falle.

Röckingen/Prag. Fast vier Monate lang war er verschollen. Jetzt steht fest: Der Bürgermeister der bayrischen Gemeinde Röckingen, Erich Kunder (51), ist in Tschechien einem Raubmord zum Opfer gefallen. Der CSU-Politiker starb vermutlich schon Stunden nach seinem Verschwinden am 5. März in Westböhmen. Die tschechische Polizei entdeckte am Mittwochabend in einem Wald bei Plesna seine Leiche. Zwei Tschechen - ein Mann (29) und eine Frau (31), die als Prostituierte arbeitet - waren schon am Dienstag festgenommen worden. Ein dritter verdächtiger Tscheche (26) sitzt wegen Postraubs in Nürnberg in U-Haft. Das Trio ist unter anderem wegen Drogendelikten vorbestraft. Bei einer Verurteilung wegen gemeinsamen Mordes droht lebenslange Haft. "Es wird spät heute Abend", waren die letzten Worte, die Ilse Kunder am 5. März von ihrem Mann Erich am Telefon hörte. Wenig später fuhr der Elektro-Großhandelskaufmann in seinem silbernen C-Klasse-Mercedes über den Grenzübergang Svaty Kriz nach Tschechien und sprach am Straßenstrich zwischen Cheb (Eger) und Sokolov (Falkenau) eine Prostituierte an. Diese lockte ihn in eine Wohnung in Cheb, in der ihre beiden Komplizen Kunder auflauerten. Sie schlugen ihn mit Knüppeln nieder, erdrosselten ihr Zufallsopfer mit einem Draht und wickelten seine Leiche in einen Teppich ein. Seine Kreditkarten, das Handy und den Mercedes behielten die Mörder. Die erste Spur nach Kunders Verschwinden ergab sich, als seine EC-Karte an Geldautomaten in Westböhmen zum Abheben von etwa 5000 Euro benutzt worden war. Außerdem waren am ostpolnischen Grenzübergang Grodno ein Tscheche und vermutlich ein Weißrusse registriert worden, die Kunders Auto nach Weißrussland überführten. Über eventuelle Geständnisse der Verdächtigten gaben die Behörden noch keine Auskunft. Der Ansbacher Polizeioberrat Franz Schimpel in Prag: "Die Justiz hat noch viel Arbeit bis zur völligen Klärung des Falls und kann noch nicht alle Einzelheiten bekannt machen." Er dementiert aber nicht, dass zwei der Festgenommenen beim Geldabheben mit der Kunder-Karte von einer Kamera gefilmt wurden. Auch bei der Frage, ob in Tschechien verdeckte Ermittler aus Bayern im Einsatz waren, verwies Schimpel auf "laufende Ermittlungen". Sicher sei, dass Kunder schon zuvor mehrfach nach Westböhmen reiste, sagte die Sprecherin der Prager Polizei, Blanka Kosinova. Nach ihrer Einschätzung handelt es sich bei den Tätern nicht um professionelle Gewaltverbrecher. In Röckingen (800 Einwohner) wehen die Fahnen auf Halbmast. Ein Gemeinderat: "Das Leben geht weiter, aber anders." Kunders Stellvertreter Friedrich Weberndörfer sagt in Anspielung auf dessen tödlichen Ausflug ins Rotlichtmilieu: "Jeder macht mal einen Fehler." Nur zwei Tage vor seinem Verschwinden wurde Kunder, der auch CSU-Ortsvorsitzender war, mit 98 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Er hinterlässt zwei erwachsene Söhne.