ABBA-Sängerin: Das erste Album seit 17 Jahren, aber keine öffentlichen Auftritte.

Stockholm. Sie lebte 17 Jahre lang abgeschieden wie ein Eremit auf einer Privatinsel vor Stockholm. In die Stadt kam sie nur mit hochgeschlagenem Kragen, Kopftuch und Brille. "Ich hasse den Ruhm, ich muss vor ihm fliehen", ließ sie ihre Fans wissen. Auch dem Treffen ihrer drei ABBA-Kollegen Anna-Frid (58), Björn (54) und Benny (57) am 6. April in London - zur Feier ihres Grand-Prix-Sieges mit "Waterloo" vor 30 Jahren - blieb Agnetha Fältskog (54) fern. Ihr Solo-Comeback ist ein Comeback der stillen Art - und es scheint fast, als hätte sie sicherheitshalber eine Art Bremse eingebaut, damit ja nicht allzu viel von ihr bekannt wird. Trotzdem ist die blonde ABBA-Sängerin, die seit 1987 keine Platte mehr veröffentlichte, wieder ins Studio gegangen, um die Lieblingslieder ihrer Jugend neu aufzunehmen.

Erst wurde eine Single ("If I Thought You'd Ever Change Your Mind") veröffentlicht, gestern kam auch noch das lang ersehnte Album ("My Colouring Book") auf den Markt. Aber alles, was sonst noch zu einem Comeback gehört - Interviews, Fototermine, TV-Auftritte - meidet Agnetha.

Die scheue Sängerin, die in Skandinavien schon seit Jahren als "die Garbo der Pop-Musik" bezeichnet wird, verzichtet fast völlig auf öffentliche Auftritte. So fand, als das Album jetzt vorgestellt wurde, die Party der Plattenfirma zwar in der noblen Stockholmer Disco "Berns", aber hinter verschlossenen Türen statt - und Agnetha ging um Mitternacht schon wieder.

Nur einmal ließ sie ein kurzes Interview für eine Talkshow aufzeichnen, und einige große Zeitungen durften ihr schriftlich Fragen stellen. Agnetha wählte ein paar aus und antwortete den Redaktionen mündlich - in Form einer besprochenen CD. Der dänischen Zeitung "B.T." sagte sie: "Ich hatte Angst davor, dass meine Stimme alt geworden ist. Ich hatte ja in diesen stillen Jahren nie geübt." Die Songs ihres neuen Albums sind Klassiker von Dusty Springfield, Petula Clark, Connie Francis und anderen. "Ich habe von Fans aus der ganzen Welt so viele nette Briefe bekommen. Sie wollten, dass ich wieder singe. Ich habe vier Jahre gebraucht, um alle Songs zu sammeln und einzuspielen. Ich habe mir Zeit gelassen und in einem Tempo gearbeitet, das zu mir passt." Obwohl die Single bereits in der ersten Woche in der englischen Hitliste auftauchte, reagierten die Kritiker in Skandinavien weder auf die Single noch auf das Album gnädig. Die schwedische Zeitung "Aftonbladet" bezeichnete die Single als "unpersönliche Ballade", und "Expressen" urteilte: "Das Album ist eine große Enttäuschung. Leider kann man das Comeback nicht anders beschreiben." Die große Zeitung "Svenska Dagbladet" vergab zwar vier von sechs erreichbaren Punkten, bezeichnete das Album aber alles in allem als "harmlos".

Auf ihren Interview-CDs versprach die Pop-Diva zwar, dass es "vielleicht" irgendwann einmal noch ein zweites Album geben wird, aber es ist zu befürchten, dass sich die sensible Schwedin nach den harten Kritiken wieder in ihr gewohntes Schneckenhaus zurückzieht. Der Hintergrund: Als sie noch mit ABBA um die Welt flog, litt sie unsäglich unter der Trennung von ihren beiden Kindern. Dass ihr Mann Björn Ulvaeus ihre Sehnsucht nach den Kindern nicht verstand, soll hinter den Kulissen bei ABBA zu heftigen Streitereien geführt haben. Als Agnetha sich in den 90er-Jahren mit einem Nachbarn - einem 20 Jahre jüngeren Holländer - einließ, holte sie sich quasi den Feind ins Bett. Der Mann wurde nach der Trennung zum Stalker, und Agnetha musste bis vors Gericht ziehen, um ihn wieder loszuwerden.

Trotz dieser Nervenkrisen wirkte sie fröhlich, als sie unlängst nach ihrem Leben gefragt wurde. Agnetha: "Bisher hatte ich ein gutes Leben, und ich hoffe auch, dass noch viele gute Jahre kommen werden."