Ein deutsches Mädchen ist von der eigenen Mutter nach Bosnien verschleppt worden und in der Familie ihres Stiefvaters acht Jahre lang schwer misshandelt worden. Nachbarn konnten den Horror nicht mehr ertragen und informierten die Polizei.

Tuzla/Belgrad. Die Nachbarn wussten es, die Familie wusste es - und doch schauten acht Jahre lang alle Menschen zu. Ein deutsches Mädchen ist in Bosnien jahrelang als Sklavin gehalten worden. Von ihrer eigenen Familie. Vor zehn Tagen sei Karla in einem Wald nahe des bosnischen Dorfes Gojcin nahe der Stadt Kalesija im Nordosten des Landes gefunden worden. Sie sei auf 40 Kilo abgemagert und weise zahlreiche Verletzungen am ganzen Körper auf, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Tuzla.

Ein bosnisches Ehepaar soll die heute 19-Jährige jahrelang eingesperrt und geschlagen haben. Medienberichten zufolge ist das Mädchen die Tochter der ersten Frau des 52-Jährigen, einer Deutschen, die immer noch in dem Dorf Karavlasi lebt und die Vorwürfe gegen das Paar bestreitet. Sie werde nun verhört. Dorfbewohner sagten lokalen Fernsehsendern, sie hätten die Quälerei nicht mehr länger ansehen können und die Polizei informiert.

Karla soll unter anderem gezwungen worden sein, bei den Schweinen zu schlafen. Auch soll sie vor einen Leiterwagen gespannt und wie ein Pferd mit Peitschenhieben angetrieben worden sein. Sie sei geschlagen worden und habe nicht ausreichend zu essen bekommen.

Obwohl Bosnien einen grausamen Bürgerkrieg hinter sich hat, zeigten sich die Medien am Sonntag geschockt über die Horrorberichte. „Wie im schlimmsten amerikanischen Horrorfilm“, schrieb eine Zeitung. Niemals nach Kriegsende 1999 hätten sich solche Verbrechen in dem Balkanland ereignet, hieß es. Nachbarn erzählten, die kleine Karla habe nicht im Haus, sondern im Viehstall schlafen müssen. Sie habe sich von Schweinefutter ernähren müssen, um nicht zu verhungern. Immer wieder habe ihr Stiefvater Hunde auf sie gehetzt, die sie übel zugerichtet hätten.

Nachbarn versicherten, das Mädchen sei regelmäßig von zahlreichen Männern sexuell missbraucht worden. Demgegenüber sagte die Staatsanwaltschaft, das sei noch nicht bewiesen. Allerdings bestätigte sie Medienberichte, dass Karla „wie eine Sklavin“ behandelt wurde. Ihr sei jeder Kontakt mit der Außenwelt verboten worden. Die Wunden von den vielen Misshandlungen seien niemals medizinisch versorgt worden.

Ein Nachbarn hatte den Fall schon vor Jahren den Behörden gemeldet, doch die hatten das im Keller versteckte Kind nicht finden können. Erst als dem Nachbarn ein Foto von dem geschundenen Mädchen gelang, griffen die Behörden durch.

Die bosnischen Behörden haben nach eigener Aussage Rechtshilfegesuche an Deutschland und auch an Österreich gestellt, wo die Täter und deren Verwandte jahrelang gearbeitet hatten. Auch werde nach der Mutter von Karla gefahndet. Angeblich soll die Mutter noch drei weitere Mädchen nach Bosnien in die Familie der Peiniger von Karla verheiratet haben, meldeten die Medien. Es sei um die Erschleichung von Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland und Österreich gegangen.

Mit Material von dapd, rtr und dpa