Zwei Jugendlieben erzählen Details aus der gemeinsamen Studienzeit mit dem späteren US-Präsidenten

Washington. Er ist einer der mächtigsten Männer der Welt: Barack Obama, 50. Der 44. - und erste schwarze - Präsident der Vereinigten Staaten will in diesem Jahr für die Demokraten zum zweiten Mal ins Weiße Haus in Washington einziehen.

Bislang prägte der Jurist und Politiker mit seinem literarischen Debüt "Dreams From My Father" ("Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meiner Familie") das Bild von sich selbst. Nun fürchten seine Parteifreunde, dass eine neue Biografie das Bild Obamas ins Wanken bringen könnte. Am 19. Juni erscheint "Barack Obama. The Story" (Simon & Schuster) des Biografen und "Washington Post"-Autors David Maraniss. Das Magazin "Vanity Fair" veröffentlichte vorab Auszüge und sorgte damit für reichlich Wirbel.

In dem Buch plaudern zwei Jugendlieben des Präsidenten aus dem Nähkästchen. Auszüge aus den Briefen und Tagebüchern von Genevieve Cook und Alex McNear zeigen Obama als nachdenklichen jungen Mann auf der Suche nach sich selbst. Im Fokus: ein Student in der Identitätskrise. Obama, Anfang 20, ist gerade vom College aus Los Angeles an die Columbia-Universität nach New York gekommen, wo er sich eine Wohnung mit einem Freund teilt. Heizung und warmes Wasser sind ein seltener Luxus. "Ich führte damals ein sehr asketisches Dasein, viel zu ernsthaft, als dass es noch gut gewesen wäre", kommentierte Obama die Zeit in einem Interview mit seinem Biografen im Weißen Haus.

Auf andere Gedanken bringt ihn eine Freundin aus Kalifornien. Alex McNear verbringt den ersten New Yorker Sommer mit "Barry". Eine Zeit langer Spaziergänge und philosophischer Gespräche. Mit ihren Briefen belegt McNear, wie besessen Obama schon damals vom Thema Wahlfreiheit ist. Und wie ratlos andererseits über seine Freunde, die in den "Mainstream" abdrifteten. "Der einzige Weg, mein Gefühl der Isolation zu überwinden, ist es, alle Traditionen (und) Klassen zu absorbieren", schreibt Obama seiner Freundin.

Auf einer Weihnachtsfeier lernt Obama 1983 die drei Jahre ältere Genevieve Cook kennen. Die Romanze mit der Tochter eines australischen Diplomaten beschreibt Maraniss als die intensivste in Obamas jungen Jahren. Auch der Präsident hatte sie in "Dreams From My Father" bereits erwähnt. "Sie war weiß, sie hatte dunkles Haar ... Ihre Stimme klang wie ein Windspiel." Obama wollte Cook verfremdet darstellen, gestand er seinem Biografen. Aber Maraniss spürte sie auf, sprach mit ihr und las ihre Tagebücher.

Darin liefert sie sogar Eindrücke aus Obamas Schlafzimmer: ein Mix aus Gerüchen, "der seine Präsenz, Lebendigkeit und Gewohnheiten verriet - Läuferschweiß, Deodorant, Zigarettenqualm, Rosinen ..." Tage nach ihrem ersten Treffen seien sie zusammen essen gegangen. Gut möglich, dass er für sie gekocht habe, erinnert sich Genevieve vage im Gespräch mit Maraniss. "Dann plauderten wir in seinem Schlafzimmer weiter - und verbrachten die Nacht zusammen. Es schien alles sehr unausweichlich."

Die beiden ziehen zusammen. Sie duschen gemeinsam, lesen, diskutieren stundenlang, kochen. "Er hing sonntags gerne mit freiem Oberkörper in der Wohnung rum und löste Kreuzworträtsel der ,New York Times'. Dabei trug er am liebsten nur einen blauen Männerrock, den er um die Hüfte wickelte." Doch letztlich bleibt Obama für Cook ungreifbar. Sagt sie ihm, dass sie ihn liebt, antwortet er mit "Danke". In ihrem Tagebuch fragt sie sich: "Wie kann jemand mit 22 schon so alt sein?" Ihre Alarmglocken schrillen. "Die sexuelle Wärme ist definitiv da - aber ansonsten sind da scharfe Kanten, und ich fühle, dass ich mich zurückziehen will", notiert Cook resigniert. "Seine Wärme kann täuschen."

Im Mai 1985 trennt sich das Paar. "Ich frage mich, ob Baracks Distanziertheit von seinen emotionalen Narben herrührt, die es ihm schwierig machen, sich zu binden", schreibt die ratlose Freundin. "Ich war offensichtlich nicht die Person, die ihn betörte. Ich werde das Gefühl nicht los, dass seine ideale Frau eine Schwarze ist, eine erfahrene, kämpferische Frohnatur." Eine Frau wie die heutige First Lady Michelle Obama, 48. Mit ihr ist Obama seit 1992 verheiratet. Er lernte sie während seines Studiums bei einem Praktikum in einer Chicagoer Anwaltskanzlei kennen. Das Paar hat zwei Kinder: Malia Ann und Natasha, genannt Sasha.

Was Michelle Obama über das Buch denkt, ist nicht bekannt. Der Präsident hingegen empfing seinen Biografen 90 Minuten lang im Oval Office, um dessen Recherchen zu kommentieren. "Die Essenz dieses Buchs ist eine Suche nach Heimat und Identität", sagt Maraniss, zu dessen Biografien auch eine über Ex-Präsident Bill Clinton zählt. Die Erfahrungen als Kind einer weißen Mutter und eines abwesenden schwarzen Vaters aus Kenia hätten Obama geprägt. Neu ist der Ex-Freundinnen-Aspekt: "Wir waren schon immer neugierig auf das Liebesleben des Präsidenten vor Michelle", so eine Kolumnistin der "New York Times". Vor allem weil der Autor auch noch einen zweiten Teil angekündigt hat.