Hunderte Menschen wollen auf einer überladenen Fähre den Brahmaputra überqueren. Doch ihr Ziel erreichen sie nicht. Das Schiff kentert bei schwerem Sturm. Wie viele Passagiere sterben, bleibt zunächst unklar.

Neu Delhi. Bei einem Fährunglück auf dem Brahmaputra im Nordosten Indiens sind möglicherweise bis zu 180 Menschen ums Leben gekommen. Rettungskräfte bargen zunächst 18 Leichen aus dem Fluss, wie der Polizeichef des Bundesstaates Assam, J.N. Chaudhoury, am Dienstag sagte. Mehr als 160 Menschen würden noch vermisst. Den Angaben zufolge überlebten mindestens 100 Passagiere das Unglück. Die Fähre mit etwa 280 Menschen an Bord war am Montag während eines schweren Unwetters in der Nähe von Dhubri im Westen Assams gekentert.

„Die Rettungsarbeiten dauern an“, sagte ein Sprecher des indischen Katastrophenschutzes. Neben Angehörigen seiner Behörde, darunter mehrere Taucher, seien auch Polizisten und Soldaten an der Suchaktion beteiligt. „Wir befürchten jedoch, dass viele Opfer aufgrund der starken Strömung flussabwärts in Richtung Bangladesch getrieben wurden.“ Die Behörden des Nachbarlandes seien bereits darüber informiert worden. Das Unglück ereignete sich unweit der Staatsgrenze, wo der Brahmaputra mehrere Kilometer breit ist.

Ein Polizeisprecher sagte,, es gebe noch immer Hoffnung auf weitere Überlebende. Einige der Vermissten hätten sich möglicherweise stromabwärts selbst ans Ufer gerettet und würden sich erst später bei den Behörden melden, sagte er. Daher werde es noch einige Tage dauern, bis die genaue Opferzahl feststehe.

Neben den extremen Wetterbedingungen machten Augenzeugen auch die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen auf der Fähre für das Unglück verantwortlich. Auf keinem der beiden Decks habe es Schwimmwesten und Rettungsboote gegeben, beklagte der Überlebende Hasnat Ali. Außerdem sei die Fähre überladen gewesen. „Wenn die Behörden die Einhaltung der bestehenden Vorschriften streng kontrolliert hätten, wäre das Unglück nicht passiert.“ Die Landesregierung ordnete eine Untersuchung an.

Auch Premierminister Manmohan Singh zeigte sich „geschockt und erschüttert“ von dem Unfall. Am Dienstag kündigte sein Büro an, die Angehörigen der Todesopfer mit jeweils 200 000 Rupien (rund 2800 Euro) zu entschädigen. In den Dörfern entlang des Brahmaputra, einem der längste Ströme Asiens, sowie in anderen ländlichen Regionen Indiens sind Boote das wichtigste Verkehrsmittel. Immer wieder kommt es jedoch zu Unglücken, weil Schiffe überladen sind oder nicht ordentlich gewartet werden. Im Jahr 2010 kamen bei einem Fährunglück in Assams Nachbarbundesstaat Westbengalen mehr als 80 muslimische Pilger ums Leben. (dpa/abendblatt.de)