Bewegende Szenen bei der Trauerfeier für die Opfer des Erdbeben in Spanien: Angehörige der Toten brachen vor Kronprinz Felipe in Tränen aus.

Lorca/Madrid. Der Innenhof eines Messegeländes ist provisorisch zu einem Kirchensaal umgestaltet worden. Angehörige von Opfern der Erdbeben-Katastrophe im Südosten Spaniens sitzen auf weißen Plastikstühlen in der ersten Reihe. Kronprinz Felipe und Prinzessin Letizia sprechen jedem Einzelnen von ihnen aufmunternde Worte zu. Mehrere Angehörige brechen immer wieder in Tränen aus. Mit einem Trauergottesdienst erwies Spanien den Erdbebenopfern in der Stadt Lorca am Freitag die letzte Ehre. Vor dem Altar waren die Särge von vier Toten aufgebahrt. Insgesamt waren bei dem Beben der Stärke 5,2 am Mittwoch neun Menschen ums Leben gekommen. Die Angehörigen von fünf Opfern hatten entschieden, im engsten Familienkreis von den Toten Abschied zu nehmen.

„Das Erdbeben ist eine Tragödie, für die niemand eine Erklärung findet“, sagte Bischof José Manuel Lorca Planes. Zwei Tage nach dem Beben waren in Lorca noch etwa 15.000 Bewohner ohne eine feste Bleibe, weil sie nicht in ihre bei den Erdstößen beschädigten Wohnungen zurückkehren dürfen. Viele von ihnen campieren in Zelten, die das Militär und Hilfsorganisationen aufgeschlagen haben. Dort haben vor allem Zuwanderer aus Kolumbien, Ecuador oder Marokko Unterschlupf gefunden. „Wenigstens sind wir noch am Leben“, sagte eine Zeltbewohnerin. Die vom Erdbeben betroffenen Spanier wurden dagegen überwiegend von Freunden und Verwandten aufgenommen.

Etwa 80 Prozent der Gebäude in der Stadt trugen bei dem Beben sichtbare Schäden davon. Bauingenieure prüfen, bei welchen Häusern Einsturzgefahr besteht und welche wieder betreten werden können. Sie teilen die Gebäude in drei Kategorien ein und markieren diese mit entsprechenden Farben am Eingang: Rot bedeutet, dass die Grundstruktur eines Hauses beschädigt ist und möglicherweise ein Abriss erforderlich sein wird. Gelb zeigt an, dass die Statik nicht beeinträchtigt ist, aber Reparaturen notwendig sind. Grün markierte Gebäude können sofort wieder bewohnt werden.

Lorca ist mit knapp 100.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt der Region Murcia. Mit einer Arbeitslosenquote von 25 Prozent hat sie stark unter der Wirtschaftskrise zu leiden. Bei der Wiederbelebung hatten die Stadtoberen vor allem auf den Tourismus gesetzt. Sie wollten das reiche Kulturerbe zu einer Attraktion für Urlauber machen. Diese Bemühungen erlitten bei dem Erdbeben jedoch einen schweren Rückschlag. „Das Beben bedeutete die größte Zerstörung von Kulturgütern in Europa seit der Katastrophe von Assisi im Jahr 1997“, sagte der Kulturminister von Murcia, Pedro Alberto Cruz. In Mittelitalien waren vor knapp 14 Jahren bei einem Erdbeben weltberühmte Fresken in Assisi (Umbrien) schwer beschädigt worden.

In Lorca brachten die Erdstöße die Befestigungsmauern einer mittelalterlichen Burg teilweise zum Einsturz. Ein Turm der Wehranlagen wurde verschoben und in zwei Teile getrennt. Fast alle Kirchenbauten der Stadt wurden schwer beschädigt. „Die Restaurierungsarbeiten der vergangenen 20 Jahre wurden zunichtegemacht“, sagte der Minister.