Köln. Am Freitagabend um 22.34 Uhr fiel die Entscheidung: Die smarte Lena Meyer-Landrut aus Hannover singt beim Eurovision Song Contest am 29. Mai in Norwegen für Deutschland. Die 18-Jährige gewann das Finale der Castingshow "Unser Star für Oslo", das live aus Köln in der ARD übertragen wurde.

Die TV-Zuschauer, die per Telefonvoting und SMS abstimmten, setzten ihre gleichaltrige Konkurrentin Jennifer Braun aus dem hessischen Eltville auf Platz zwei. Zuvor hatte das Publikum bereits über den Song abgestimmt. Aus drei Vorschlägen wurde der Titel "Satellite" gewählt. Diese spezielle Popnummer mit Sprechgesang im Stile britischer Songschreiberinnen wie Adele oder Lily Allen wird die Nachwuchssängerin nun beim Grand-Prix-Finale singen.

"Das ist so verdammt krass, das ist so derbe, ich zitter'!", sagte das zarte Persönchen mit der großen Stimme unmittelbar nach dem Sieg. "Das ist echt fett." "Ich möchte heulen, es ist so schön und so verdammt derbe."

Und auch als Lena am Ende noch einmal den Sieger-Song vortrug, unterbrach sie das Lied immer wieder mit persönlichen Anmerkungen wie "I can go to Oslo, aber jetzt bin ich mit der Nerven am Ende ..."

Die Abiturientin galt von der ersten Show an als Favoritin. Mit ihrer unbeschwerten, schlagfertigen Art verzauberte sie die Zuschauer; Show-Initiator, Talententdecker und Jurypräsident Stefan Raab (43) war sichtlich gerührt von der Leistung der Schülerin. "Lena wird uns in Oslo gut vertreten. Davon bin ich fest überzeugt." Ihre Fanseite beim Online-Netzwerk Facebook hatte am Tag vor dem Finale 13 000 Fans; im Laufe des Finales stieg diese Zahl auf mehr als 16 000. Und von der Jury gab es fast nur Lob: "Irgendwie ganz speziell", fand es Xavier Naidoo. "Das ist aller Ehren wert." Und Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß meinte nach dem Song "Satellite" begeistert: "Du hast die Geschichte erzählt."

Vor allem ihre ungewöhnliche Musikauswahl, abseits des Mainstreams, beeindruckte die Juroren. Ihr Wettbewerbssong passt da hervorragend: In dem ungewöhnlichen Lied mit Sprechgesangsanteilen und ihrem ungewöhnlichen englischen Akzent kann sie die Geschichte in ihrer typisch-schauspielerischen Gesangsweise perfekt erzählen.

Ihre Mitschüler an der Gesamtschule Roderbruch in Hannover, die alles auf einer Großbildleinwand verfolgten, finden Lena "ein bisschen abgedreht" - im positiven Sinne. Schulleiter Bernd Steinkamp nennt sie "ausdrucksstark." Der Meinung ist auch Lenas ehemaliger Sportlehrer Bruno Ott: "Sie ist unheimlich locker." Bei ihren Auftritten würde sie sich nicht verstellen. Außerdem habe sie ihren eigenen Kopf. "Sie würde sich nicht irgendetwas aufzwängen lassen. Sie strahlt eine unheimliche Sicherheit und Selbstsicherheit aus."

So gelassen, wie Lena auf der Bühne rüber kommt, ist sie aber gar nicht. "Ich bin echt ziemlich aufgeregt und nervös auf der Bühne, weil das alles ungewohnt und neu ist. Es ist immer noch eine Riesensache, die man vorher nicht kannte. So läuft der Lachs", sagte sie im typisch forschem Ton. So unbefangen Lena in "Unser Star für Oslo" aufgetreten ist, so verschlossen gibt sie sich auf private Fragen. Gerade das habe sie bei Dieter Bohlens "Deutschland sucht den Superstar" immer gestört, dass Privates wichtiger sei als der Gesang.

Das Finale in der ARD war die achte Show in der gemeinsamen Castingreihe mit ProSieben. Insgesamt hatten sich mehr als 4500 Kandidaten für das Casting beworben. Es war das erste Mal, dass sich die verantwortliche öffentlich-rechtliche ARD für die Grand-Prix-Qualifikation einen Privatsender als Partner mit ins Boot holte - und voll auf das Konzept des ProSieben-Moderators Raab setzte. Der hat Erfahrung mit dem Grand Prix: Im Jahr 2000 holte er selbst mit "Wadde hadde dudde da" den fünften Platz, außerdem war er als Komponist von Guildo Horn und mit seinem "TV-Total"-Castinggewinner Max Mutzke erfolgreich.

Die Zuschauerzahlen lagen bei bis zu knapp drei Millionen - für einen ARD-Vorentscheid zu wenig. Aber ProSieben sah sich auf der Gewinnerseite: Mit 13,4 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen wurde in den sechs ProSieben-Shows der Senderschnitt deutlich überboten.