Nach Rückschlägen bittet der BP-Konzern um Vorschläge der Bevölkerung, wie man die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko eindämmen kann

New Orleans. Die einen stopfen Haare von Mensch und Tier in Strumpfhosen, um damit Barrieren am Strand zu errichten. Andere schlagen vor, mit Golfbällen das Leck der versunkenen Bohrinsel zu stopfen. Wieder andere wollen mit Heuballen das Öl von der Meeresoberfläche aufsaugen. Im Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko ist der Konzern BP offenbar derart rat- und hilflos, dass er jetzt die Bevölkerung um Ideen bittet, wie man die Umweltkatastrophe eindämmen kann.

Jeder könne auf der Website deepwaterhorizonresponse.com weitere Vorschläge zum Umgang mit der Ölpest machen, sagt BP-Sprecher Bryan Ferguson im US-Bundesstaat Louisiana. Die Ideen würden zur Prüfung an Ingenieure weitergeleitet. "Ich habe keine Ahnung, in welchem Maße sie daraus schöpfen, aber sie haben Experten aus aller Welt eingeflogen, um mitzuarbeiten und die eingereichten Ideen zu prüfen", fügt Ferguson hinzu.

Eric Smith, Experte für fossile Brennstoffe von der Tulane University in New Orleans, vermutet, mit der Einbeziehung der Öffentlichkeit verfolge BP möglicherweise das Ziel, "Kritik abzuwehren". Er sei sich aber "sicher, dass es ein paar gute Ideen gibt und eine Menge anderer Ideen, die nicht so praktikabel sind", sagt der Wissenschaftler. "Das ist der Grund, warum wir in Kriegszeiten viele Erfindungen haben - weil die Leute etwas wagen."

Teile alter Autoreifen oder Golfbälle sollen in das Ventil geschossen werden

Die Bohrinsel "Deepwater Horizon" war am 20. April im Golf von Mexiko explodiert. Elf Arbeiter kamen ums Leben. Zwei Tage später sank die Plattform, seither strömen täglich schätzungsweise 800 000 Liter Öl aus und bedrohen die Küstengebiete mehrerer Bundesstaaten im Süden der USA. Am Sonnabend musste der Versuch, in 1500 Meter Tiefe eine Stahlglocke über dem sprudelnden Bohrloch abzusetzen, abgebrochen werden, weil sich Eiskristalle in der Konstruktion gebildet hatten, die die Öffnung an der Spitze verstopften und es unmöglich machten, das Öl abzusaugen. BP sucht verzweifelt nach Alternativen. Zunächst solle versucht werden, eine kleinere Stahlkuppel über das Haupt-Leck zu stülpen, teilte der Konzern gestern mit. Außerdem werde eine als "Top Kill" bezeichnete Option geprüft. Dabei sollen Gummistücke, zum Beispiel Teile alter Autoreifen oder Golfbälle, in das - Blow-Out-Preventer genannte - tonnenschwere Sicherheitsventil geschossen werden, um die Quelle zu verstopfen.

BP gab bislang infolge des Untergangs der Bohrinsel nach eigenen Angaben etwa 350 Millionen Dollar (etwa 270 Millionen Euro) aus. Darin enthalten seien die Kosten für die Eindämmung des Öls, für Entlastungsbohrungen sowie für die Unterstützung der US-Bundesstaaten an der Küste.

Eine Transvestitengruppe spendete "ihre sehr langen Nylons"

Als Vorschlag zum Schutz der Strände hatten der Sheriff des Bezirks Walton an der Küste von Florida, Michael A. Adkinson, und das Unternehmen C.W. Roberts vorgeschlagen, im Meer mit Heu gefüllte Barrieren auszulegen. Diese sollten mit Gebläsen ausgerüstet sein, die das Heu auf dem Ölteppich verteilten. "Das Heu klumpt mit dem Öl zusammen und macht es so leichter, den Abfall aus dem Wasser zu entfernen", sagte Adkinsons Sprecher Mike Gurspan.

Die Initiative "Matter of Trust" sammelt in aller Welt Haare von Menschen und Tieren sowie Nylonstrumpfhosen, um daraus Barrieren gegen den Ölteppich anzufertigen. "370 000 Friseursalons schicken uns ihr Haar und außerdem 100 000 Tiersalons, Alpaka- und Schafzüchter", sagt Lisa Gautier, Mitbegründerin der Initiative. Eine große Transvestitengruppe habe außerdem "ihre sehr langen Nylons" gestiftet. Rund 200 000 Kilogramm Haare gehen täglich bei "Matter of Trust" ein. In Strumpfhosen gestopft verwandelt sie sich in Öl-absorbierende Barrieren, die an den Stränden des Golfs von Mexiko Ölklumpen aufsaugen sollen. Haare saugen etwa das Vier- bis Sechsfache ihres Gewichts an Öl auf, synthetische Mikrofaser ist deutlich leistungsfähiger.

Trotz zahlreicher Bemühungen ist das Öl an der Küste inzwischen angekommen und bedroht einzigartige Umweltsysteme in Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida.