Betrunkener Fahrer sitzt in Untersuchungshaft. Er hatte sich geärgert, weil er nicht schnell genug weiterkam

Markhausen/Hamburg. Es war 10 Uhr morgens, die fröhliche Maifeier sollte eigentlich erst beginnen, doch sie endete in einer Tragödie. 15 junge Leute wurden auf einer Landstraße bei Markhausen im Landkreis Cloppenburg (Niedersachsen) zum Teil lebensgefährlich verletzt, als ein 19 Jahre alter Autofahrer am Sonnabend mehrere Male mit voller Absicht in die Menschenmenge fuhr.

Mehr als 100 junge Maifeiernde waren gerade auf dem Weg zu einem Fest, als das Auto ihnen entgegenkam. Der Fahrer hatte trotz der frühen Tageszeit bereits einen Alkoholwert von 2,1 Promille und lag damit weit über der gesetzlichen Grenze der Fahrtüchtigkeit. Holger Vehren, Sprecher der Polizei Hamburg, erklärt: "Bei 1,1 Promille ist die absolute Fahruntüchtigkeit erreicht." Ab dieser Grenze geht die Polizei von einer Straftat aus.

Der mutmaßliche Täter, der aus Litauen stammen soll und in einem Nachbarort lebt, fühlte sich laut Augenzeugen offenbar durch die langsam gehende und feiernde Menschengruppe an der Weiterfahrt gehindert. Er soll mehrmals gehupt haben, bevor er das erste Mal in die Menge fuhr. Als die Umstehenden versuchten, die Autotür zu öffnen und ihm den Autoschlüssel abzunehmen, wurde der 19-Jährige zunehmend aggressiv. Er gab noch zwei weitere Male gezielt Gas, bevor er Fahrerflucht beging.

Eine 19 Jahre alte Frau musste mit schwersten Kopfverletzungen in ein Krankenhaus geflogen werden. Die Ärzte gaben gestern Entwarnung, die junge Frau schwebt nicht mehr in Lebensgefahr, liegt aber auf der Intensivstation. Auch drei weitere Opfer müssen noch in Krankenhäusern behandelt werden. Elf Menschen kamen mit leichteren Blessuren davon. Die mutigen Augenzeugen, die vergeblich versucht hatten, den alkoholisierten 19-Jährigen am Weiterfahren zu hindern, mussten seelsorgerisch betreut werden. Eigentlich war die Gruppe von jungen Menschen wie in jedem Jahr mit Bollerwagen und Fahrrädern auf dem Weg zu einer Gaststätte an der Thülsfelder Talsperre bei Friesoythe nahe Oldenburg. Dort findet alljährlich der sogenannte Frühtanz statt. Seit mehr als 30 Jahren zieht die Veranstaltung jedes Jahr die jungen Leute der Umgebung an.

Bernard Sieger, Wirt der Gaststätte, erzählt: "Wir hatten 2000 Leute hier. Die kommen zu Fuß, aber auch mit Bussen und Taxis teilweise aus 50 Kilometern Entfernung zu uns." Das Fest mit Livemusik gilt in der Region als Attraktion. Er schenke aber keinen Alkohol an Minderjährige aus. "Da passt unser Personal wirklich drauf auf", erzählt Sieger. "Aber so was, das ist in all den Jahren noch nie passiert. Das ist wirklich nicht zu fassen", sagt der 61-Jährige. Als die schreckliche Nachricht in seinem Lokal bekannt wurde, seien viele erschrocken gewesen, weil sie nicht wussten, ob Freunde oder Verwandte betroffen waren. Laut einem Sprecher der Polizei in Cloppenburg sei der Anmarsch bisher immer ohne Probleme verlaufen, da die Landstraße wenig befahren sei.

Der alkoholisierte Fahrer wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt. Er sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Auch die Befragungen wurden fortgesetzt, die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt wegen versuchten Totschlags. Der Fahrzeughalter, der ebenfalls alkoholisiert war und nach Aussagen von Zeugen auf dem Beifahrersitz geschlafen haben soll, ist weiterhin auf freiem Fuß. In seinem Haus wurden die beiden einige Stunden nach der Tat gestellt.

Der mutmaßliche Täter gehört laut dem Hamburger Polizeisprecher Vehren durchaus zu einer Problemgruppe: "In Hamburg machen die 18- bis 24-Jährigen einen Bevölkerungsanteil von 8,2 Prozent aus, bei den Unfallbeteiligten sind sie aber mit 18,3 Prozent vertreten." Besonders am Wochenende sei erhöhter Alkoholkonsum zu beobachten, allerdings eher in den Nacht- und frühen Morgenstunden. Welche Auswirkungen das auf den Straßenverkehr hat, zeigt sich allerdings ganz unabhängig vom Alter der Beteiligten. Laut Polizeistatistik sind allein in Hamburg zehn Prozent aller Unfälle mit Todesfolge auf Alkoholeinfluss zurückzuführen.

Polizeisprecher Vehren erläutert: "Typische Folgen des Alkoholkonsums sind ein stark eingeschränktes Sichtfeld, der sogenannte Tunnelblick, und eine verzögerte Reaktionsfähigkeit." Eine Sprecherin der Polizei Cloppenburg konnte gestern keine Angaben dazu machen, ob sich der mutmaßliche Täter noch an die Tat erinnern kann.