Bergedorf. Einen Fall einer Herpeserkrankung gibt es bereits in Grande. Heimische Ställe riegeln sich ab.

Der Ausbruch des Herpesvirus und der qualvolle Tod von insgesamt elf Pferden bei einem Turnier in Valencia (Spanien) halten die Pferdesport-Welt derzeit in Atem (wir berichteten). Nun ist die Sorge der heimischen Höfe und Reitsportvereine groß, dass die Krankheit auch bis in den Bergedorfer Raum vordringen könnte. „Bei uns sind glücklicherweise alle Pferde gesund, aber wir haben uns schon seit mehr als einer Woche isoliert. Keiner kommt rein, keiner kommt raus“, berichtet Arno Heitmann vom Hof Sportpferde Heitmann am Kiebitzdeich in Neuengamme. Hier haben vor allem Pferde aus dem Leistungssport ihr Zuhause.

Ein paar Kilometer beim Hof Putfarcken in Kirchwerder, wo der für seine starken Voltigierer bekannte Reit- und Fahrverein Kirchwärder seine Heimat hat, ist Besitzer Herbert Putfarcken ähnlich vorsichtig. Die öffentliche Aufregung um das Thema hält er trotzdem für übertrieben. „So heiß, wie das gekocht wird, esse ich es nicht“, sagt Putfarcken: „Herpesfälle gibt es jedes Jahr.“ Zudem sei es schwierig, einen Hof komplett zu isolieren. „Ich passe aber auf, dass die Besitzer mit ihren Pferden nicht in Gebiete fahren, wo das Virus bereits aufgetreten ist“, versichert Putfarcken.

In Grande traf es ein Freizeitpferd, dem es aber wieder besser geht

Ein Fall trat jüngst auf dem Hof Puls/Masler in Grande im Kreis Stormarn auf, wo der Verein Pferdesport Granderheide seine Heimat hat. Dort ist ein Pferd am Herpesvirus erkrankt. Offiziell will sich der Hof dazu nicht äußern. Es gäbe jedoch keinerlei Verbindung zu den Vorfällen in Spanien. Denn in Grande traf es ein Freizeitpferd ohne Verbindung zum Turniersport. Das Tier befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Das Tückische am hochansteckenden Herpesvirus ist, dass es allgegenwärtig ist. Bis zu 90 Prozent der Pferde tragen es bereits in sich. Es schlummert in den Nervenzellen und im Lymphgewebe und entzieht sich so dem Immunsystem. Über Tröpfcheninfektion können nicht nur erkrankte Tiere andere Pferde anstecken, sondern auch welche, die völlig gesund erscheinen. Ist das Virus einmal aktiviert, scheiden sie es über Tröpfchen aus. 14 Tage beträgt die Inkubationszeit.

„Wenn wir das Virus bei uns haben, ist es zappenduster“

Entsprechend groß ist die Besorgnis der Pferdebesitzer. So wie bei Michael Schupp, dem 1. Vorsitzenden des Hamburg-Wentorfer Reitervereins. Bei seiner 17-jährigen Hannoveraner Stute „Winni“ wurde eine erhöhte Temperatur gemessen. Jetzt wartet er auf das Untersuchungsergebnis. „Ich habe das Pferd sofort isoliert“, sagt Schupp. „Wenn wir das Virus bei uns im Stall haben, dann ist es zappenduster.“ Das allerdings sei eher unwahrscheinlich, denn „Winni“ habe zuvor eine Woche lang keine näheren Kontakte zu anderen Pferden gehabt. „Die Temperatur war auch nur um 0,3 Grad erhöht“, berichtet der Pächter des Hofs, Pierre Iwohn. „Ich bin ihm trotzdem dankbar, dass er so umsichtig reagiert hat.“

Die Angst vor der neuen, aggressiven Variante des Herpesvirus ist groß. Die moderne, offene Bauweise vieler Ställe würde eine Verbreitung begünstigen. Pferde sind nun einmal Herdentiere und schätzen es auch im Stall, wenn sie ihre Artgenossen sehen können. Für Iwohn gibt es daher nur eine Konsequenz: „Wir werden allen Besitzern nahelegen, ihre Tiere impfen zu lassen.“

Trinken aus fremden Eimern ist verboten

Dies allerdings ist aufwendig, denn alle sechs Monate ist eine Auffrischung nötig, und nicht alle Tiere vertragen die Impfung. Zudem mutiert das Herpesvirus. Im Hochleistungssport zögern Besitzer daher manchmal anstehende Impfungen heraus, um noch auf solche Mutationen reagieren zu können.

Wenn nach Ostern die Turniersaison beginnt, steigt die Gefahr einer Ausbreitung des Virus rasant. Dabei können die Reiter selbst viel dazu beitragen, das Risiko zu minimieren, wie Nicola Timmann vom Reit- und Fahrverein Vierlanden erläutert. „Wenn ich mit meinem Pferd auf ein Turnier fahre, dann trinkt es nicht aus fremden Eimern oder aus der Wasserleitung. Das habe ich alles selbst auf dem Hänger.“ Auch das Grasen auf dem Anhängerstellplatz sei ein Fehler, ergänzt Pierre Iwohn. Dass es immer wieder Ansteckungen gibt, wundert ihn nicht. „Es gibt im Pferdesport halt viele Mädchen, die es toll finden, wenn sich ihre Pferde beschnuppern.“